13. Spieltag 1961/62: SC Dynamo Berlin - SC Einheit Dresden 2:2

Aus schneller Führung kein Kapital geschlagen / Punktverlust kostete Dynamo Tabellenführung / Man achte auf Walter, Döschner!
Frühe Führung: Schon in der ersten Minute zieht Wilfried Klingbiel am linken Flügel davon. Er kann nur auf Kosten einer Ecke gebremst werden. Der Linksaußen tritt sie. Weit und hoch schwebt der Ball bis zu Mühlbächer in halbrechter Position. Kopfball in die Mitte. Dort steht Poklitar. der aus wenigen Metern vollendet. - Ein so schnell erzieltes Tor sollte Sicherheit geben, meint man. Doch hier ist es nicht der Fall. Das zeigt sich bereits in den Anfangsminuten und setzt sich im Verlauf des Spiels fort. Mit Schröter ist die Dynamo-Elf ihres Regisseurs beraubt. Nicht einer der anderen vermag sich auch nur annähernd in die Rolle unseres Rekordinternationalen hineinzuspielen. So kann man aus dieser frühen Führung nicht das erwartete Kapital schlagen.

Schneller Ausgleich: Trotz des Rückstandes zeigt Einheit keine Schockwirkung. Im Gegenteil. Voller Umsicht geht man zu Werke. Der hängende Döschner - klug entzieht er sich während der 90 Minuten des Zugriffs von Heine, der dadurch, ohne direkten Gegenspieler, nicht immer gut aussieht - bringt Ruhe in die Aktionen, setzt seine Nebenleute sauber ein. Vor allem der kleine Walter, auf den man ebenso achten sollte wie auf den Mittelstürmer, und Natusch gehen auf seine Ideen ein. Und schon nach vier Minuten gelingt der Ausgleich: Döschner erhält das Leder im Mittelfeld, wird nicht angegriffen. Aus über 20 Metern schießt er ab. Im Dreieck schlägt die Kugel ein. Ein sehenswerter Treffer! Einheit erhält Auftrieb: Das Tor beflügelt das Spiel der Eisler-Schützlinge. Sie zeigen, daß sie sich in spielerischer Hinsicht verbessert haben. Klug operieren schon beide Außenverteidiger, die stets gut stehen und vor allem schlagsicher sind, sich auch in Angriffsaktionen einschalten.

Dynamo kann sich nicht immer richtig auf den gegnerischen Sturm einstellen, läßt ihm zuviel Raum. Das muß bestraft werden. Auch Marquardt zeigt Unsicherheiten, greift die Kugel bei einem Freistoß nicht richtig (14.). Einheit beherrscht die Szene, alle Dresdener erledigen ein ziemliches Laufpensum. Nach 28 Minuten wird ihr Bemühen belohnt: Walter zieht eine Ecke in Kopfhöhe scharf in die Mitte. Von Natuschs Stirn saust der Ball in die Maschen. Dynamo scheint zu erwachen: Der Spitzenreiter ist sich der Gefahr bewußt, verdoppelt seine Anstrengungen. Allein, es fehlt der Mann, der den Taktstock schwingt. Mal müht sich Maschke, mal Bley, mal Mühlbächer. Doch es bleibt bei dem Mühen. Vor allem Waldemar Mühlbächer enttäuscht! Er läuft zuwenig, wirkt unlustig. Von einem Nationalspieler muß man mehr erwarten können! Berufungen in die Auswahl verpflichten! Man muß sich dessen, gerade im Club würdig erweisen. - Da, der Ausgleich scheint fallig: Marquardts Abschlag verlängert Poklitar mit dem Kopf.

Bley läuft durch schießt. Doch vom Pfosten prallt der Ball zurück (35.). Dann ergreift Klingbiel die Initiative, knallt zweimal wuchtig ab. Doch Großstück ist auf dem Posten (40. und 43.). Die Berliner steigern sich: Die Standpauke von Janos Gyarmati in der Kabine scheint nicht von schlechten Eltern gewesen zu sein. Mehr Wucht steckt hinter den Dynamo-Aktionen; eine Steigerung ist unverkennbar. Wieder trabt Klingbiel los, schießt überraschend. Der Torruf erstirbt auf den Lippen: Großstück reagiert prächtig (61.). Bereits eine Minute später hält er Bleys Kopfstoß. Doch in der 78. Minute muß er sich gegen Klingbiels Direktschuß aus 16 Metern geschlagen geben. Der Ausgleich - auch in Toren - ist hergestellt. Gerechtes Resultat: Dieses Ergebnis gibt den Spielverlauf in der richtigen Weise wieder. Alle Akteure, Trainer und Zuschauer werden mit ihm zufrieden sein, weil dadurch die Leistungen der Spieler korrekt ausgedrückt werden!

SC Dynamo Berlin:
Marquardt; Starost, Heine, Skaba: Hofmann, Maschke; Schmidt, Mühlbächer, Poklitar, Bley, Klingbiel
SC Einheit Dresden:
Großstück; Zange, Pfeifer. Klapczynski; Tauscher, Knappe; Walter, Natusch, Döschner, Kropp, Tempel

1:0 Poklitar           ( 2.)
1:1 Döschner           ( 6.)
1:2 Natusch            (26.)
2:2 Klingbiel          (78.)

Schiedsrichter:        Haack (Karl-Marx-Stadt)
Zuschauer:             4.000


Klaus Schlegel, Neue Fußballwoche, 13.06.1961