03. Spieltag 1961/62: SC Turbine Erfurt- SC Dynamo Berlin 1:2

SC Turbine braucht bessere Flügel / Ohne Seifert besitzt der Sturm des SC Turbine keine Gefährlichkeit
Wer gedacht hatte, daß der SC Turbine wenigstens auf eigenem Gelände mit vollen Akkorden ins Meisterschaftskonzert gehen würde, sah sich enttäuscht. Im Beisein einer ghanaischen Regierungsdelegation und unter den Augen des Nationalmannschaftstrainers Heinz Krügel rollte ein Spiel ab, das in der Gesamteinschätzung hinter erstklassiger Meisterschaftskost weit zurückblieb. Natürlich, Trainer Wolfgang Seifert ist zur Zeit nicht in glücklichster Lage, Verletzung reiht sich in seinem Spielerstamm an Verletzung. Neben Drzysga und Weigang, neben den kaum genesenen Skaba und Hergert verletzte sich im Spiel gegen den ASK Vorwärts der schußprächtige Reißer Seifert. Und gerade der Verzicht auf diesen Mann hatte bittere Auswirkungen. In den letzten drei Spielen schoß, von der Begegnung mit Dynamo abgesehen, der SC Turbine 5 Treffer, für die alle der Halblinke verantwortlich zeichnete.

Nach seiner Verletzung erzielte der SC Turbine nur noch ein Tor, und das mußte der linke Läufer Brandt auf sein Konto buchen. Die Schußschwäche des Erfurter Angriffs dürfte damit vorerst bewiesen sein, doch Seiferts Ausfall läßt zusätzlich auch noch die Flügelschwäche des Thüringer Oberligisten in krassestem Licht erscheinen, da sein schwungvolles Spiel über manche Unzulänglichkeit des Außenstürmers hinweghalf, manchen vielleicht auch hinwegtäuschte. Gegen den SC Dynamo gab es kein Täuschen. Da sah man aufs deutlichste, daß die Flügelposten nicht so besetzt sind, daß auf die Dauer ein erfolgversprechendes Stürmerspiel möglich ist. Dittrich und Schwanke, beide mit viel Einsatzfreude am Werke, blieben schwach. Ausfälle, die der SC Turbine einfach nicht verkraften konnte, da nun der Innensturm völlig auf sich allein gestellt war.

Bein SC Dynamo sah die Sache anders aus, denn die Mannschaft hatte zwei Flügelflitzer, und von Hofmann und Klingbiel ging so viel Gefahr aus, daß die Erfurter Abwehr alles andere als oberligareif wirkte. Gerade Hergert hätten wir nach seiner Verletzungspause vor den Augen von Heinz Krügel eine Demonstration guter Fußballkunst gegönnt. Doch er blieb bis zu seiner Auswechslung der Schwächste im Abwehrtrio des SC Turbine, wo auch Skaba auf Grund seiner Zwangspause sonst von ihm nicht gewohnte Unsicherheiten andeutete. Lediglich Franke, war mit dem in ungewohnter Position spielenden Brandt und dem sich unermüdlich um Regie bemühenden Bach Bester der Erfurter, blieb Herr der Situation.

Er hatte mit dem ausgezeichneten und verschiedentlich tief in die Trickkiste greifenden Moppel Schröter auch einen Mann im Angriff, der es blendend verstand, die Sturmreihe zu führen, das Geschehen auf dem Felde je nach der Situation schnellzumachen oder den Ball zu halten, um wieder Ruhe ins eigene Spiel zu bringen. Und vor allem hatte der SC Dynamo keinen glatten Versager in den Reihen, obwohl Mühlbächers Arbeit im Moment keineswegs Nationalmannschaftsform verriet und auch Skaba sehr ungenau schlug und oft zu unüberlegt auf den Gegner zustürzte.

SC Turbine Erfurt:
Gleis; Hergert (59. Wehner), Skaba, Franke; Müller, Brandt; Dittrich, Bach, Knobloch, Gratz, Schwanke
SC Dynamo Berlin:
Marquardt; Dorner, Heine, Skaba; Maschke, Mühlbächer; Hofmann, Schröter, Poklitar (79. Schmidt); Bley, Klingbiel

0:1 Schröter             (28.)
0:2 Poklitar             (49.)
1:2 Brandt               (59.)

Schiedsrichter:          Neumann (Forst)
Zuschauer:               10.000

Horst Szulakowski, Neue Fußballwoche, 21.03.1961