15. Spieltag 1960: SC Aktivist Brieske-Senftenberg - SC Dynamo Berlin 0:1

Tore sind entscheidend, SC Aktivist! / Meist gestürmt und doch verloren / Der SC Dynamo nutzte seine einzige Chance
Wohl selten spiegelt ein Ergebnis den wahren Sachverhalt eines Spieles so falsch wider, wie dieses überraschende 1:0 des SC Dynamo in der Glück-auf-Kampfbahn, die von ihrem Ruhm als unbezwingbares Pflaster nun scheinbar doch einiges eingebüßt hat. Auf einen Nenner gebracht, verlief das Spiel etwa so, als wenn sich jemand ständig in den Hintergrund gedrängt fühlt - in diesem Falle Dynamo - und plötzlich seinem Widersacher - also SC Aktivist - eine Ohrfeige verabreicht. Die Ohrfeige war das Tor in der 69. Minute, das zu allem Übel noch von Bergmann, dem am wenigsten beschäftigten Spieler des gesamten Feldes, hätte vermieden werden müssen. Dutschmann sah sich nämlich hinter seinem Rücken mit einem Paß von Quest überrascht, der servierte gleich, und Bergmann kam der einzigen Chance der Berliner durch verfrühtes Herauslaufen entgegen.

Bley gab dem Ball den richtigen Dreh unter die Latte. Der Gastgeber trat den SC Dynamo in einer spielerisch schwachen Form an. Das schon war eine Voraussetzung zum Erfolg, der auch in vielen Situationen für die Einheimischen greifbar nahe schien. Erinnert sei nur an zwei Großchancen, die sich den überlegenen und und fast Dreiviertel des gesamten Spielgeschehens bestimmenden Brieskern bot. In der 19. Minute sprang Außenläufer Lehmann, der übrigens durch zwei kernige Fernschüsse Klemm vor der Pause in Verlegenheit brachte, der Ball wenige Meter vor dem gegnerischen Tor vom Fuß. Neun Minuten später war Marquardt der Unglücksrabe. In dem freien Raum wurde ihm das Leder zugespielt, aber freistehend verzog er recht weit. Der Briesker Mittelstürmer hätte überhaupt wie schon im Mittwoch-Treffen gegen Spartak Plovdiv mehr Initiative zeigen müssen.

Diesen zwei geschilderten Gelegenheiten reihten sich noch andere Chancen an, so daß die spielerisch sehr ordentlichen Briesker beinahe den Sieg bis zum Pausenpfiff auf ihrem Konto hätten haben können. Leider ließ man diese Gelegenheiten ungenutzt. Es besteht aber auch kein Grund zum Hadern, daß man trotz besserer Gesamtleistung und steter Überlegenheit noch verlor. Man muß die Schwächen bei sich selbst, nämlich in der mangelnden Konzentration suchen. Noch eines kam hinzu. Der SC Dynamo schien sich schon mit dem 0:0 abgefunden zu haben, denn etwa 30 Minuten vor Spielende strebte man bei den Konterangriffen das Briesker Tor nur mit drei oder vier Mann an, da Schröter eine meist defensive Haltung übernommen hatte. Oft prallten die Schüsse der Briesker Stürmer von den massiert verteidigenden berlinern ab, weil der SC Aktivist oft sehr lange mit dem Schuß zögerte.

SC Aktivist Brieske-Senftenberg:
Bergmann; Krüger, Ratsch, Dutschmann; Gentsch, Lehmann; Natusch, Lemanczyk, Marquardt, Redlich, Franke
SC Dynamo Berlin:
Klemm; Dorner, Heine, Skaba; Maschke, Mühlbächer; Hofmann (63. Thiemann), Schröter, Quest, Bley, Klingbiel

0:1 Bley               (69.)

Schiedsrichter:        Haack (Karl-Marx-Stadt)
Zuschauer:             800

Hans-Joachim Schulze, Neue Fußballwoche, 30.08.1960