13. Spieltag 1960: SC Dynamo Berlin - SC Rotation Leipzig 3:2

Sieger besaß die besseren spielerischen Möglichkeiten / Als Manfred Bauer Läufer wurde, erhielt das Spiel der Gäste Druck
Der SC Dynamo blieb in den letzten vier Meisterschaftsspielen ohne Niederlage, holte in diesen 360 Minuten sechs Punkte (wenn auch der Angriff nur ebensoviel Tore, und die nur zu Hause, erzielte). Diese Zwischenbilanz läßt hoffen, daß es beim SC Dynamo langsam, allzu langsam zwar, wieder aufwärtsgeht. Zu dieser Feststellung berechtigen nicht allein die sechs Pluspunkte in den letzten vier Treffen, sondern vor allem auch die bessere Gesamtleistung gegen den SC Rotation. Das gilt insbesondere für den großen Einsatzwillen der Berliner, die während der gesamten Spielzeit unermüdlich kämpften, niemals aufsteckten und ihren Kampfgeist schließlich durch einen freilich knappen, immerhin aber verdienten Sieg belohnt sahen. Wenn auch einige Spieler (vor allem Heine und Thiemann) Unsicherheiten erkennen ließen, so darf man dem doch hinzufügen, daß Dynamo auch die etwas besseren spielerischen Möglichkeiten in die Waagschale zu werfen hatte.

Wenn Bley in schnellem Antritt mehrere Gegenspieler ausmanövrierte, wenn Schröter mit sauber geschlagenen Pässen die Flügel einsetzte, wenn Poklitar (vor allem er zeigte sich verbessert) nach rechts und links ausbrach, dann geriet die (allerdings nicht ganz sattelfeste) Rotations-Abwehr oft gefährlich durcheinander, hatte viel Mühe. So konnte Faber den durchgebrochenen Poklitar nur mit letztem Einsatz vom Ball trennen (10.), so  mußte Bauer für den bereits geschlagenen Pröhl vor der Linie retten (36.). Daß die Berliner nach dem 2:0 und auch nach dem 3:1 dann noch um den Sieg bangen mußten (weil die Gäste um den Anschluß rangen und ihn auch erzielten), beweist allerdings, daß sie trotz allem noch nicht so gefestigt, noch nicht wieder so selbstbewußt sind, wie man es ihnen vor Meisterschaftsbeginn zugetraut hatte.

Deshalb, und nicht nur deshalb, tut Dynamo gut daran, dieses 3:2 nicht zu überschätzen. Es wurde nämlich gegen eine Rotation-Elf erzielt, die bei weitem nicht alle Wünsche zu erfüllen vermochte. Zwei Spieler waren es, die ein wenig enttäuschten, zwei, die ansonsten zu den Stützen ihrer Elf zu zählen waren: Horst Scherbaum und Siegfried Fettke. Der Stopper ist offensichtlich nicht mehr schnell und beweglich genug, sah einige Male, als er Poklitar folgte, nicht sehr gut aus, und dem Läufer fehlte es an der sonst bei ihm zu beobachtenden Kraft, den eigenen Angriff anzukurbeln. Erst als Bauer seine Position übernahm (Herzog spielte dafür Verteidiger), rollte es bei Rotation im Angriff etwas besser, kam mehr Druck in die Aktionen. Schade, daß dieser Angriff die Unterstützung nicht schon vorher hatte, denn in ihm steckt einiges, wenn er auch noch mehr von seiner Schußkraft Gebrauch machen müßte (Klemm hatte erst in der 29. Minute den ersten Scharfschuß abzuwehren).

Vor allem Trölitzsch imponierte einige Male, wenn er kraftvoll mit dem Ball am Fuß loszog, dann allerdings nicht mehr die Kraft hatte, eben weil er einige Male zu eigensinnig wirkte. Zum anderen spielte der Angriff meist zu eng, nicht weiträumig genug, so auch Dynamo die Abwehr erleichternd. Dynamo operierte dagegen klüger. Das erste Tor (und vor allem das schönste Tor des Tages) mag als beweis dafür dienen: Quest spielte steil zum auf den linken Flügel gewechselten Schröter. Der lief einige Meter, sah dann Hofmann ungedeckt auf der rechten Seite. Sein weiter Flügelwechsel erreichte genau den Mann. Hofmann hob zu Bley, und der schmetterte das Leder mit Fallrückzieher knapp neben dem Pfosten ins Netz. So war in wenigen Zügen viel Raum gewonnen, die Deckung aufgerissen und vor allem erfolgreich abgeschlossen worden.

SC Dynamo Berlin:
Klemm; Dorner, Heine, Skaba; Maschke, Thiemann; Hofmann, Schröter, Poklitar, Bley, Quest
SC Rotation Leipzig:
Pröhl; Bauer, Scherbaum, Pfeufer; Fettke (66. Herzog), Faber; Engelhardt, Trölitzsch, Weigel, Behla, Zerbe

1:0 Bley               (12.)
2:0 Poklitar           (49.)
2:1 Zerbe              (68.)
3:1 Schröter           (78.)
3:2 Faber              (81.)

Schiedsrichter:        Riedel (Falkensee)
Zuschauer:             2.000

Klaus Schlegel, Neue Fußballwoche, 05.07.1960