24. Spieltag 1959: SC Dynamo Berlin - BSG Motor Zwickau 1:0

Schröters Maßvorlage vollstreckte Bley / Hermann Gehne erlebte Pokal-Neuauflage
Wenn man eine Mannschaft in den letzten Wochen gleich dreimal sehen konnte, dann ist man nach zwei guten Spielen (im FDGB-Pokalspiel in Berlin gegen Dynamo und in Zwickau gegen den SC Turbine) besonders auf die dritte Begegnung gespannt. Sagen wir es deshalb gleich vorweg: Im dritten Spiel in Berlin gegen den SC Dynamo imponierte uns Motor am wenigsten. Zwar wäre ein Unentschieden auf Grund der letzten halben Stunde des Spieles möglich und auch nicht unverdient gewesen, aber wir vermißten im Zwickauer Spiel das Zwingende, das Direktspiel, das uns zuletzt gegen Turbine so sehr imponiert hatte. Doch die Wirkung ist bekanntlich immer von der Gegenwirkung abhängig. Wenn also Zwickaus Sturm nicht so zur Entfaltung kam, dann konnte das seinen Ursprung nur in den Gegenaktionen (lies Taktik) des SC Dynamo haben.

Und, das Dynamo-Spiel imponierte uns vor allen Dingen deshalb in der ersten Halbzeit, weil es aus der Abwehr heraus zielstrebig war, weil Dynamos Stürmer selbst immer wieder störend im Mittelfeld eingriffen, um jeden Ball kämpften und Motor gar nicht erst zur Entfaltung kommen ließen. Dazu kauften die Abwehrspieler der Berliner den gefährlichen Zwickauer Sturmspitzen, vor allen Dingen Franz und Jura, gleich den Schneid ab. Forsch und hart (aber durchweg fair) fuhren sie den Motor-Stürmern in die Parade. Man vermißte Heine gar nicht, so geschickt, so selbstsicher trumpfte Dorner im Deckungszentrum auf, so schneidig operierte Thiemann auf dem rechten Verteidigerposten. Mit der guten Abwehrarbeit und dem dieses Mal konstruktiven Spiel der beiden Außenläufer hatte Dynamo den entscheidenden Trumpf in der Hand, der schließlich auch ausschlaggebend für den Erfolg war.

Maschke hatte eine starke erste Halbzeit, spielte schnell und viel direkt und blieb auch nach dem Wechsel, wenn auch nicht mehr so stark in der Wirkung, stets im Bilde. Und Mühlbächer, weit zurückhängend, bot mit seinem cleveren Abwehrspiel ebenfalls eine gute Leistung und war dazu betont fair. Lediglich der Angriff harmonierte wieder nicht in allen Phasen des recht temporeichen und guten Spieles. Hofmann spielt doch zu kopf- und ideenlos, verrennt sich immer wieder und hat nicht das Gefühl für das zeitig richtige, schnelle Abspiel, und Basel wirkte zu phlegmatisch; man möchte fast sagen, zu uninteressiert. Doch das einzige Tor des Spieles (dabei verschoß Moppel Schröter noch einen Strafstoß, den Baumann reaktionsschnell um den Pfosten drehte) war eine Delikatesse: eine gefühlvolle Schröter-Vorlage sah plötzlich den instinktsicheren Bley in halbrechter Position.

Gegen seinen wuchtigen Schrägschuß hatte Baumann keine Chance. Zwar bäumte sich Zwickau mächtig auf, aber Dynamos Abwehr widerstand allen Gegenangriffen, und Motors Außenläufer verstanden es nicht, das Spiel breiter und steiler zu gestalten. Immer wieder wurden die hohen Hereingaben eine sichere Beute der Abwehr. Oettler zahlt eben doch Tribut für sein Alter. Und nur mit Erfahrung kann man auch nicht mehr bestehen. Auch Grüner hatte nicht seinen besten Tag. Prächtig setzte sich Schiedsrichter Neumann in Szene. Alle aufkommenden Härten erstickte er im Keime und, ließ dazu folgerichtig Vorteile laufen, die dazu beitrugen, daß das Spiel lebendig blieb. Bei den Reserven siegten die Gäste 3:0. Das kann Dynamo noch die Erringung des "Fu-Wo"-Wanderpokals gekostet haben, daß die Reserve des Berliner Clubs nicht den Heimvorteil zu nutzen verstand und klar und verdient unterlag. Ein Sieg hätte genügt.

SC Dynamo Berlin:
Marquardt; Thiemann, Dorner, Skaba; Maschke, Mühlbächer; Hofmann, Basel (72. Ringmann), Bley, Schröter, Quest
BSG Motor Zwickau:
Baumann; Schaub, Glaubitz, Seiler; Grüner, Oettler; Schüller, Tauscher, Jura (68. E. Franz), W. Baumann, R. Franz

1:0 Bley             (54.)

Schiedsrichter:      Neumann (Forst)
Zuschauer:           2.500


Hermann Gehne, Neue Fußballwoche, 17.11.1959