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Nicht aufgesteckt Das temperamentvolle und auf beiden
Seiten mit rastlosem Einsatz, aber immer fair bestrittene Spiel, bei dem mit Ausnahme eines 10minütigen starken Anfangsspurts der Berliner spiel- und chancenmäßige Ausgeglichenheit geherrscht hatte, war 39 Minuten alt, als die
Jenaer Elf ein Platzverweis traf, der wegen seiner Einmaligkeit wohl noch lange Gesprächsstoff bleiben wird: Heine, Dynamos großartiger Mittelverteidiger, hatte mit einem Steilpaß Nippert in halbrechter Position losgeschickt,
der etwa 22 Meter vor dem Jenaer Tor von dem ihn verfolgenden Imhof mit weit ausgestrecktem Arm am Trikot festgehalten und am weiteren Vormarsch gehindert wurde! Platzverweis für Imhof durch Kuhnert war die Folge. Nun,
Schiedsrichter Kuhnert meinte: "Grobe Unsportlichkeit, die ich auch ohne vorherige Verwarnung mit Platzverweis bestrafen kann!"
Wer aber gedacht hatte, daß 10 Jenaer zum Spielball von elf Berlinern
würden, hatte sich getäuscht. Wohl war Dynamo etwas mehr im Angriff, wirkte auch, in seinen Aktionen in der zweiten Hälfte geschlossener (was bei zehn Gegenspielern nicht verwunderlich ist), aber es sage keiner, die
Dynamo-Abwehr habe ein ruhiges Dasein geführt. Jeder Spieler Jenas übertraf sich an Kampfgeist und Einsatz. Beide Tore waren noch mehrfach in Gefahr. Aber Jena steckte auch dann nicht auf, als Dynamo im Anschluß an einen
Eckball durch Schäffner aus unübersichtlicher Situation im Strafraum aus Nahdistanz zum 1:0 kam. Im Gegenteil: Nun erst recht, war Jenas Devise. Ducke war Einfädler, Müller verlängerte zu dem nach links-außen gewechselten,
diesmal wohl eindrucksvollsten Jenaer Stürmer Eglmeyer, der (wo war Dorner?) seine starke Mittelstürmerpartie mit herrlichem Schrägpaß ins lange Eck zum vielumjubeltien 1:1 krönte.
Gewiß, die Berliner waren dem 2:1
später näher als die Jenaer. Aber haben die zehn Motor-Spieler diesen Punkt nicht hoch verdient? Bei den Gästen imponierte die Abwehr mit ihren klangvollen Namen, auch Läufer und Stürmer der athletisch und spielerisch stark
verbesserten Elf wußten zu gefallen, nur haperte es im Angriff mit der Schußgenauigkeit. Beim Gastgeber verdienen alle ein Gesamtlob. Diesen Kampfgeist wünscht man sich für den Sportclub auch in anderen Spielen. Trotz der guten
Gesamtkritik wollen wir feststellen, daß Ahnert immer souveräner spielt, mit Marx im Zentrum und Woitzat als Läufer hinten vieles dichter ist, und im Sturm ein Eglmeyer in derartiger Form die Lösung des Mittelstürmerproblems
darstellt. Bei den Reserven gab es durch Wermanns Tor in der 68. Minute einen 1:0-Sieg der Jenaer.
SC Motor Jena:
Fritzsche; Huftier, Marx, Ahnert; Imhof (39. █), Woitzat; Ducke, Müller, Eglmeyer, Graupe, Lange SC Dynamo Berlin:
Marquardt; Dorner, Heine, Skaba; Maschke, Basel; Nippert, Thiemann, Schäffner, Schröter, Quest (64. Hofmann)
0:1 Schäffner (62.) 1:1 Eglmeyer (71.)
Schiedsrichter: Kuhnert (Dresden)
Zuschauer: 8.000
Peter Palitzsch, Neue Fußballwoche, 11.08.1959

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