09. Spieltag 1959: SC Dynamo Berlin - SC Lok Leipzig 5:0

Lok nutzte Windunterstützung nicht
Mit gemischten Gefühlen verließen die 3.000 Berliner das Stadion. Wohl hatte "ihre Mannschaft" am Ende mit 5:0 die Nase recht eindeutig vorn, doch über die letzten 20 Minuten dieser Begegnung ist man geneigt, den Mantel des Schweigens zu hüllen; derartig uninteressant, einseitig war das Geschehen geworden. Deshalb muß an dieser Stelle aber einigen Spielern der Gäste in aller Deutlichkeit gesagt werden, daß sie ihrer Mannschaft mit einem solchen Auftreten wahrlich keinen guten Dienst erwiesen haben. Vor allem Stopper Brandt und der Halblinke Fischer gefielen sich darin, die Entscheidungen des konsequent durchgreifenden Kunert ständig auf ihre Weise zu kommentieren. Fischer wurde auch prompt wegen Schiedsrichterbeleidigung vom Felde gestellt (64.), während Brandt dem nur um Haaresbreite entging, drei Verwarnungen kassieren mußte und einen Elfmeter wegen seines oft ausgesprochen unfairen Spiels verschuldete.

Über die Herausstellung von Dieter Busch kann man geteilter Meinung sein. Sie erschien insofern recht unglücklich, da Busch bis eben auf jenes Foul an Quest (71.) sauber und fair spielte. Nach der Fülle der insgesamt in diesen Minuten von der Lok-Abwehr begangenen Unsportlichkeiten, muß man aber Schiedsrichter Kunert zustimmen, der auf diese Art endlich für Ruhe und sauberes Spiel sorgen wollte. So war denn der SC Lok gezwungen, die restlichen 20 Minuten mit neun Mann durchzustehen. Das konnte selbstverständlich nicht gut gehen. Auch der mit zurückgeeilte Rudi Krause verhinderte trotz Eifer und Umsicht nicht, daß schließlich die Tore wie reife Früchte fielen. Insgesamt fünfmal traf der Dynamo-Kapitän Günter Schröter, bis zur Halbzeit nicht einmal besonders eifrig, ins Schwarze. Er war der einzige, der die Chancen kaltblütig und konsequent nutzte. Die jungen Stürmer an seiner Seite spielten zwar alle recht einsatzfreudig, gaben aber mit ihrer umständlichen und überhasteten Spielweise der harten Lok-Abwehr immer wieder Gelegenheit, energisch dazwischenzufahren.

Es ist bedauerlich. daß diese Begegnung mit einem derartigen Mißklang ausging. Zwar hielt sie auch nur in den ersten 20 Minuten das, was man sich von diesem Spiel zweier technisch hervorragend ausgebildeten Mannschaften versprach, doch war bis zum Ausscheiden von Fischer und Busch noch nichts entschieden. Als Heine in der 49. Minute die Elfmeter-Chance mit einem wohl scharfen, aber unplazierten Schuß vergab, hatten die Leipziger sogar einige klare Chancen, den Ausgleich zu erzielen. Aber Konzak traf nach feinem Zuspiel von Krause in der 50. Minute nur den Pfosten. Unverständlich blieb uns allerdings, warum die Schützlinge von Alfred Kunze nicht in der ersten Hälfte mit der Unterstützung des heftigen Windes die Entscheidung suchten. Hier operierten sie mit zwei sehr, sehr defensiv eingestellten Halbstürmern (Fischer spielte quasi dritten Läufer) und ließen Dynamo kommen. Das Führungstor für Dynamo war die Quittung für diese taktische Schwäche.

SC Dynamo Berlin:
Klemm; Thiemann, Heine, Skaba; Maschke, Mühlbächer; Hofmann, Bley, Dorner, Schröter, Quest
SC Lok Leipzig:
Sommer; Busch (71. Platzverweis), Brandt, Böhme; Drößler, Söllner; Gase, Krause, Konzak, Fischer (64. Platzverweis), Behne

1:0 Schröter           (45.)
2:0 Schröter           (72.)
3:0 Schröter           (76.)
4:0 Schröter           (78.)
5:0 Schröter           (80.)

Schiedsrichter:        Kunert (Dresden)
Zuschauer:             3.000

Horst Friedemann, Neue Fußballwoche, 12.05.1959