07. Spieltag 1959: ASK Vorwärts Berlin - SC Dynamo Berlin 3:1

Umschwung, als Meyer Regie führte
Dynamo haderte am Schluß mit dem Geschick und vor allem mit dem Schiedsrichter, der keinen guten Tag erwischt hatte. Zehn Minuten vor dem Spielende hatten die Volkspolizisten eine große Chance zum Ausgleich, die aber Spickenagel durch prachtvolles Reagieren zunichte machte. Vier Minuten später köpfte Wachtel über den meiner Ansicht nach regelwidrig behinderten Klemm hinweg zum endgültigen Sieg ein. Diese beiden Szenen veranschaulichen, wie nahe Dynamo einer Punkteteilung war. Und dennoch ist der Vorwärts-Sieg vollauf gerechtfertigt. Denn wie der Meister in der zweiten Spielhälfte vom Leder zog, das erinnerte an die glanzvolle Zeit im Herbst des vergangenen Jahres. Da steigerte sich Reichelt in eine gute Partie als zerstörender Läufer, da drückte Herrmann seinen Sturm nach vorn, da gab vor allem Meyer ein Musterbeispiel produktiver Regiekunst, indem er die Bälle im direkten Spiel kurz und lang verteilte, so daß die Dynamo-Abwehr tüchtig ins Schwitzen geriet.

Wären die anderen Stürmer auf die klugen Ideen ihres Halbrechten genauso eingegangen wie Wirth, es hätte für Dynamo sehr deutlich werden können. Vor der Pause hatte es nicht den Anschein, daß das Vorwärts-Spiel noch eine Steigerung erfahren könnte. Da führte Dynamo zweifellos knapp nach Punkten. Besonders in den ersten 25 Minuten spielten die diesmal ganz in Weiß gekleideten Gäste aus dem Walter-Ulbricht-Stadion frischer, weiträumiger und dadurch mit mehr Druck. Schröter setzte in dieser Zeit mit verdeckten Pässen die schnellen Bley und Dorner erfolgverheißend ein. Die nicht ganz sattelfest scheinende Vorwärts-Verteidigungsreihe hatte schwierige Momente zu überstehen.

In dieser Zeit war Maschke mehr in der gegnerischen Hälfte zu finden als in der eigenen Abwehr, und Basel bewies recht gute Verbinderqualitäten. Der Dynamo-Elan ließ eigentümlicherweise in dem Moment nach, als Kiupel nach einem Zusammenprall mit Dorner für fünf Minuten das Spielfeld verlassen mußte. Während dieser fünf Minuten fiel auch der Ausgleich. Meyer hatte, mit dem Rücken zum Tor stehend, den Ball aus der Luft genommen und mit einer Drehung unhaltbar ins Netz geschmettert. Ein glänzendes Tor, was man auch zu dem Führungstreffer von Wirth sagen muß, der das Leder aus vollem Lauf in die kurze Ecke knallte. So kann man insgesamt gesehen erfreulicherweise die Feststellung treffen, daß die Punktspiele in diesem Jahr anscheinend endlich mehr Niveau bekommen, denn was ich in den vorangegangenen fünf Spieltagen von immerhin acht Mannschaften gesehen habe, war herzlich wenig.

ASK Vorwärts Berlin:
Spickenagel; Krampe, Kiupel, Marotzke; Reichelt, Herrmann; Wirth, Meyer, Fritzsche, Kohle, Wachtel
SC Dynamo Berlin:
Klemm; Thiemann, Heine, Skaba; Maschke, Mühlbächer; Hofmann (65. Quest), Sehröter, Dorner, Basel, Bley

0:1 Bley               ( 7.)
1:1 Meyer              (28.)
2:1 Wirth              (51.)
3:1 Wachtel            (81.)

Schiedsrichter:        Schneider (Forst)
Zuschauer:             12.000

Rolf Gabriel, Neue Fußballwoche, 14.04.1959