06. Spieltag 1959: SC Dynamo Berlin - SC Empor Rostock 2:1

Noch nicht überzeugend
Der Elfte gegen den Vierten lautete die Paarung. Man war gespannt, ob es den Berlinern gerade gegen die deckungsstarken Rostocker gelingen würde, die bedrohliche Situation aufzuhellen. Nun, wir waren gleich zu Anfang so angenehm von den Leistungen der Dynamo-Elf überrascht, daß wir sogar den ekligen Nieselregen vergaßen. Da fuhren Thiemann, Heine und Skaba konzentriert und sicher ihrem Gegner in die Parade, um sofort das Leder möglichst genau und steil weiterzuspielen. Da wurden Maschke und Mühlbächer auf Grund ihrer konditionellen und technischen Überlegenheit zu absoluten Beherrschern des Mittelfeldes. Immer wieder spielten sie den Ball in die gefährlichsten Lücken des Rostocker Abwehrnetzes, so ihren antrittsschnellen Vorderleuten günstige Bedingungen schaffend. Ein Signal war die 20-m-Bombe von Mühlbächer, abgefeuert in der vierten Minute, die aber vom Gebälk abgehalten wurde.

Aber fünf Minuten später war es soweit, als sich Bley auf dem rechten Flügel gegen zwei Mann durchgesetzt hatte, den Ball flach hereinzog und Quest das Leder so abfälschte, daß es unter dem Körper von Schröbler ins Tor rollte. Doch wer nun annahm, die Empor-Abwehr wäre nun angeknackst, irrte sich gewaltig, denn nicht von ungefähr zählt diese zu den besten unserer Oberliga-Vertretungen. - Vor der harten und sachlichen Spielweise Kurt Zapfs strich Conny Dorner als erster die Segel. Und auch die Härte von "Bumbas" Schmidt und die Übersicht von Singer gewannen immer mehr die Oberhand über ihre Gegenspieler. Trotzdem blieb der Neuling Quest für Dynamo der gefährlichste Stürmer, der ohne Hemmungen aufspielte und sich viele Torschußmöglichkeiten erkämpfte.

Alle anderen Stürmer verloren sich mehr und mehr in Kurzpässen und unnötigem Quergespiele. Direkte Ballpassagen kamen immer seltener zur Anwendung, und vor allem fehlte den Stürmern der Drang in den freien, steilen Raum. Auch der Versuch, Basel für Nippert in der zweiten Halbzeit einzusetzen, änderte auf keinen Fall etwas zum Positiven. Erstaunlich, wie schnell Maschke und Mühlbächer ihr Format verloren, als es nicht mehr "lief". Trotzdem waren insgesamt gesehen Maschke und Heine die herausragenden Kräfte bei Dynamo. Heine gewann vor allem in der zweiten Halbzeit sein entscheidendes "Gesicht", als er Drews, Holtfreter und Kleiminger im letzten Moment vor dem eigenen Torraum abbremste.

Aber auch die Empor-Elf fand sich diesmal zu keiner geschlossenen Angriffsleistung. Vor allem litt die Zügigkeit des Sturmspiels unter der zu trägen und durchsichtigen Spielweise von Holtfreter und Kleiminger. Agilster Stürmer war Bialas, der auch den entscheidenden Ausgleichstreffer schoß, als er einen Steilpaß von Schaller direkt verwandelte. Pech für die Gäste, daß sie noch im letzten Moment das Spiel verloren. Zapf hatte einen Zweikampf gegen Bley verloren, dessen Flankenball "Moppel" Schröter in Torrichtung köpfte. Unglücklicherweise prallte der Ball auf den Fuß von Minuth und von da ins eigene Tor. Damit kam die Dynamo-Elf zu einem Sieg, der wohl kaum von einem der Zuschauer zu diesem Zeitpunkt noch erwartet wurde.

SC Dynamo Berlin:
Marquardt; Thiemann, Heine, Skaba; Maschke, Mühlbächer; Quest, Bley, Dorner, Schröter, Nippert (46. Basel)
SC Empor Rostock:
Schröbler; Schmidt, Zapf, Singer (83. Speth); Schaller, Minuth; Leeb, Bialas, Holtfreter, Kleiminger, Drews

1:0 Quest              ( 9.)
1:1 Bialas             (21.)
2:1 Minuth             (86., Eigentor)

Schiedsrichter:        Kratze (Karl-Marx-Stadt)
Zuschauer:             1.000

Dr. Lothar, Neue Fußballwoche, 21.04.1959