24. Spieltag 1958: SC Einheit Dresden - SC Dynamo Berlin 0:0

Beide Stürmerreihen schußschwach
Für beide Mannschaften stand nichts auf dem Spiel, aber wenn die einstigen, langjährigen Ortsrivalen in Dresden aufeinandertreffen, geht es immer um etwas. Da stürmen die Massen, auch wenn es so naßkalt ist wie am Sonntag. dann kommt schon Stimmung im Stadion auf, bevor die Mannschaften überhaupt zu sehen sind. Wie schon oft in den letzten Jahren, trennte man sich mit einem mageren Resultat. Weniger mager allerdings waren die 90 Minuten, wenn auch nicht verkannt werden darf, daß es klassenreinere, packendere Kämpfe zwischen beiden Mannschaften gegeben hat.

Die Gäste fanden zuerst den Faden, und dank ihrer unermüdlichen, wechselseitig stark offensiven Außenläufer setzten sie sich von Minute zu Minute stärker in Szene. Besonders der von Maschke inspirierte rechte Flügel machte den Dresdnern in der ersten Halbzeit sehr zu schaffen. Schröter, dem Knappe nicht von den Zehen wich, brauchte eine längere Anlaufzeit, glänzte aber wieder durch feine Tricks und saubere Pässe. Die Überlegenheit Dynamos fand zunächst auch anfangs der zweiten Spielhälfte ihre Fortsetzung; auch noch, als Rechtsaußen Hofmann vom Platz gestellt worden war (er hatte in einer Art Affekthandlung Müller von hinten getreten, ein klarer Fall also).

Dennoch kurbelten Maschke und Mühlbächer ihren nun dezimierten Sturm an. Das schien ihnen aber mit der Zeit doch zu gefährlich zu werden, denn langsam begannen die nach meiner Ansicht wiederum etwas zu häufig kommenden hohen Steilpässe der Dresdner, Wirkung zu zeigen. Klemm mußte mehr als ihm lieb war, eingreifen (bei Vogels unverhofftem 3-m-Schuß reagierte er mehr instinktiv als bewußt), und die Eckbälle für den SC Einheit häuften sich, aber entweder fehlte die letzte Konzentration (z. B. Weinreich, als er Schäffner schon überlaufen hatte), oder aber die Schußkontrolle ließ zu wünschen übrig (Müller, Matthes). Nicht zu vergessen die einsatzfreudige, stellungssichere Gästeabwehr, die zum Schluß recht geschickt den Ball in den eigenen Reihen hielt.

Mit der Schußstärke Dynamos war übrigens auch kein Staat zu machen (Bley, Thiemann, Schröter), obwohl durch einige Unsicherheiten in der Einheit-Abwehr (Pfeifer) klare Einschußmöglichkeiten gegeben waren. Nur einmal ließ Dorner einen gefährlichen Knaller los, den man - wäre Großstück nicht unwahrscheinlich schnell zur Stelle gewesen - schon im Netz wähnte. Alles in allem wird das Resultat den Leistungen beider Mannschaften gerecht. Schiedsrichter Walther hatte bei der oft temperamentvollen, aber nie unfairen Begegnung (das Foul Hofmanns sei vergessen) immer den richtigen Blick für den Vorteil.

SC Einheit Dresden:
Großstück; Losert, Pfeifer, Jochmann; Knappe, Hansen; Weinreich, Vogel, Matthes, Müller, Peterson
SC Dynamo Berlin:
Klemm; Michael, Schneider, Schäffner; Maschke, Mühlbächer; Hofmann, Bley (72. Thiemann), Dorner, Schröter, Nippert

Schiedsrichter:        Walther (Leipzig)
Zuschauer:             15.000

Rolf Dietz, Neue Fußballwoche, 11.11.1958