22. Spieltag 1958: SC Fortschritt Weißenfels - SC Dynamo Berlin 2:0

Dallagrazia und Bechstedt dirigierten
Entscheidung vorverlegt! Unter diesem Motto stand das Meisterschaftsspiel in Weißenfels. Bei dem Gedanken an die bedrohliche Tabellenlage zogen die Gastgeber gleich frisch vom Leder und setzten den Berlinern schon nach 20 Minuten zwei frische Fußballeier ins Netz. 1:0 durch Mittelstürmer Dallagrazia, der hier im Duo mit Ackermann den Ton angestimmt hatte, 2:0 durch Läufer Bechstedt, der abwechselnd mit der Nr. 9 den Dirigentenstab in der Hand behielt. Die Punkte schienen bereits lange Zeit vor dem Ende vergeben, zumal eine gewisse spielerische Note des Dynamo-Angriffs allein die Mißklänge in der grün-weißen Abwehr nicht zum Verstummen brachte.

Die gesamte Deckung der Berliner besaß diesmal nur einen Solisten, den rechten Läufer Herbert Maschke, der sich allerdings durch mitunter allzu forsches An-den-Mann-Gehen (milde ausgedrückt) nicht die Sympathien der Zuschauer erringen konnte. Schwächen also hier, die man eher im Angriff vermutet hätte. Die Vorderreihe spielte diesmal zweifellos nicht schlecht, schoß auch des öfteren, nur meist zu ungenau. Allein zwei plazierte scharfe Schüsse, von Dorner in der 24. und von Schröter in der 48. Minute, veranlaßten Tuczynski zu schwerer Arbeit; im übrigen brauchte der Schlußmann nur Flanken sicher aus der Luft zu holen und durch rechtzeitiges Herauslaufen die Situation von vornherein zu klären.

Es reichte streng genommen also wieder nicht, trotz der zwei besonders gefährlichen Spitzen Dorner und Mühlbächer. So blieben die Punkte zu Recht in Weißenfels, denn die Gastgeber hatten nicht nur eine insgesamt aufeinander abgestimmte Hintermannschaft - Wiesemann half für Straube und Elzemann für seinen Verteidiger aus -, sondern auch den stärkeren Sturm. Wenn Dallagrazia aus dem Mittelfeld vorstieß, Reinhardt plötzlich von halbrechts nach linksaußen wechselte, Degenkolbe die Linie entlang oder nach innen stieß und Ackermann zum Schuß ansetzte, dann brannte es oft vor dem Dynamo-Tor. Allerdings sollte man das nächste Mal den schnellen Riemenschneider auch mehr in die Kombinationen einbeziehen. Das würde die gewiß starke Kollektivleistung noch erhöhen und die Sorgen bald restlos verschwinden lassen.

SC Fortschritt Weißenfels:
Tuszynski; Gänkler, Straube, Wiesemann; Elzemann I, Bechstedt; Riemenschneider, Reinhardt I, Dallagrazia, Ackermann (75. Meyer), Degenkolbe
SC Dynamo Berlin:
Klemm; Schneider, Heine, Basel; Maschke, Jeßner; Hofmann (80. Thiemann), Mühlbächer, Dorner, Schröter, Nippert

1:0 Dallagrazia        ( 9.)
2:0 Bechstedt          (20.)

Schiedsrichter:        Kunert (Dresden)
Zuschauer:             7.000

Lothar Nagel, Neue Fußballwoche, 21.10.1958