06. Spieltag 1958: SC Chemie Halle-Leuna - SC Dynamo Berlin 0:0

Melchior und Marquardt waren Klasse
Ein Spiel voller Spannung und Dramatik - ungewiß sein Ausgang bis zum Abpfiff durch den sicher und genau leitenden und mit seinen Kollegen Männig (Böhlen) und Trumm (Dresden) ausgezeichnet zusammenarbeitenden Schiedsrichter Green (Limbach). Ein Spiel der Abwehrreihen vor allem, ein Spiel auch, so man will, der Abseitsfallen und unzähligen Abseitsstellungen vor allem der Halleschen Stürmer, die zu oft den - meist haargenau gedeckten - Mann anspielten und viel zuwenig in den Raum stießen. Ein Spiel schließlich der hervorragenden Torhüter, von denen erst Melchior in herrlichen Paraden, dann auch Marquardt mehrfach das torlose Remis für ihre Mannschaften retteten.

Auffallend die starke Sicherung beider Gegner. Imhof betont defensiv, dabei noch in auffällig schwacher Tagesform, Küchler mit dem Sonderauftrag einer Bewachung Schröters - beides lähmte natürlich die Verbindung zum Sturm etwas. Bei den Rot-Weißen Maschke und Mühlbächer, die nicht eine Sekunde die solide Deckung vernachlässigten, dafür aber das Mittelfeld mit herrlichen genauen Pässen schnell überwanden, wo Schröter in hängender Position Umschaltstation war. Unverkennbar blieb die größere spielerische Reife der Berliner, ihre Überlegenheit in der Ballführung, ihr schönerer Spielfluß, aber was sich schon beim Osterturnier in Berlin gezeigt hatte, blieb auch in Halle unverkennbar: zu selten der Torschuß, zu ungenügend die Auswertung der Chancen, die sich auch in Halle boten.

Einmal Legler, später der durchbrechende Bley, schließlich Basel nach Bleys Flanke scheiterten an Melchior oder an der Überhast ihrer Aktionen. Dabei verlangte der nie erlahmende Einsatz, der kämpferische Wille der Chemie-Elf Dynamo bis zur letzten Sekunde alles ab. Und hier waren es einmal Lehmann, der im letzten Sekundenbruchteil herrlich von Heine (der wieder eine ausgezeichnete Partie lieferte) gestoppt wurde, ein andermal Lehrmann, der sich nach gelungenem Durchbruch zu umständlich den Ball vom rechten auf den linken Fuß legte, und dadurch den entscheidenden Moment verpaßte.

Schon bis zur Halbzeit bestanden so für Halle mehrere Führungsmöglichkeiten. Wie sagte Schiedsrichter Green aber, und ich schließe mich dem an: "Das Unentschieden entspricht den Leistungen vollauf, ein durchaus möglicher Treffer hüben oder drüben hätte einen glücklichen Sieg bedeutet." Trainer Bachmann: "Wir waren nicht in der Lage, die spielerische Überlegenheit in Tore umzumünzen, unser alter Fehler. Es war aber ein schönes, spannendes Spiel."

SC Chemie Halle-Leuna:
Melchior; Stricksner; Heyer, Hoffmann; Küchler, Imhof; Linkert (75. Bierbaum), Lehrmann, Lehmann, Schmidt, Busch
SC Dynamo Berlin:
Marquardt; Bock, Heine, Skaba; Maschke, Mühlbächer; Bley, Basel, Legler, Schröter, Matzen

Schiedsrichter:        Green (Limbach)
Zuschauer:             18.000

Werner Stück, Neue Fußballwoche, 15.04.1958