04. Spieltag 1958: ASK Vorwärts Berlin - SC Dynamo Berlin 2:1

Ein großes Spiel der Berliner Rivalen
Selten wohl mögen Berlins Zuschauer den Friedrich-Ludwig-Jahn-Park so befriedigt verlassen haben, wie an diesem Sonntag. Daß sich so eine niveauvolle Begegnung gerade zwischen zwei Ortsrivalen entwickelte, stimmt um so freudiger! Natürlich gab es auch hier was auszusetzen - was besonders die schwache Torschußtechnik (Reichelt) betraf -, aber wie gut wurde man entschädigt durch das ständig wechselnde Spielbild, die technisch überragenden Einlagen (Schröter) und durch die dramatischen Situationen in den beiden Strafräumen. Beide Mannschaften hatten je einen Spieler (Meyer und Mühlbächer) für das Länderspiel der B-Auswahl abgestellt, so daß einige Umstellungen notwendig waren.

Diese störten aber an diesem Tage in keine Weise die Harmonie. Besonders imponierte die Leistung des für den Sportclub Dynamo erstmalig mitwirkenden Basel (früher Dynamo Hohenschönhausen). Dabei hatten es die Dynamo-Stürmer an diesem Tage sehr schwer, da die Vorwärts-Abwehr ziemlich eisern stand. Spickenagel gewann das Duell gegen seinen Rivalen Marquardt, der einige Unsicherheiten im Herauslaufen erkennen ließ. Wachtel und Eilitz gaben ihren Flügelstürmern kein Pardon. Und in dem Mitte fing der lange Kiupel viele gutgemeinte Züge per Kopf ab. In diesem Spiel war von einem "Vorwärts-Klein-Klein" nichts zu sehen.

Auch unter Berücksichtigung der Tatsache, daß Dynamo in der zweiten Halbzeit die feldüberlegene Mannschaft war, so atmeten die Stoßangriffe der Armee-Sportler die größere Gefährlichkeit. Die raumgreifenden, wechselnden Steil- und Querpässe und Positionswechsel waren hier die Ursache. Ihren größten Effekt verzeichneten die rot-gelben Stürmer in den ersten 30 Minuten. In dieser Zeit sah es für Dynamo sehr bedenklich aus, denn vor allem Michael und Skaba kamen nicht zurecht, und auch die Läufer brauchten eine sehr lange Anlaufzeit, wenn auch Maschke nach der Pause zu einer großen Form auflief. Trotzdem knallte in der 14. Minute ein 30-Meter-Freistoß von "Moppel" Schröter an das Lattenkreuz, und kurz danach setzte derselbe Spieler zu einem Hinterhaltschuß an, der von Spickenagel im letzten Moment herausgehechtet werden konnte.

Aber sieben Minuten später donnerte Kohle aus 20 Metern nach einem Alleingang unhaltbar zum 2:0 ein, nachdem Fritzsche auf eine Ecke die Führung besorgt hatte. Die Gäste verzichteten ebenfalls in Anbetracht der Bodenverhältnisse weitgehend auf ein Kurzpaßspiel, hatten jedoch in der gegnerischen Abwehr ein größeres Hindernis zu überwinden, als es auf der anderen Seite der Fall war. Das Anschlußtor war übrigens eine feine Leistung von Bley, der nach einer Ecke den Ball überlegen über Freund und Feind hinweg einköpfte. Trainer Bachmann: "Es war ein gutes Spiel. Unsere Deckung war vor allem zu Anfang recht schwach, und das zweite Tor gab uns dann einen Knacks. Trotzdem wäre ein Unentschieden verdient."

ASK Vorwärts Berlin:
Spickenagel; Wachtel, Kiupel, Eilitz; Marotzke, Unger; Aßmy, Kohle, Fritzsche, Reichelt, Wirth
SC Dynamo Berlin:
Marquardt; Michael, Heine, Skaba; Maschke, Schäffner; Hofmann (65. Legler), Basel, Bley, Schröter, Matzen

1:0 Fritzsche          ( 5.)
2:0 Kohle              (21.)
2:1 Bley               (32.)

Schiedsrichter:        Köpcke (Wusterhausen)
Zuschauer:             10.000

Lothar Wolske, Neue Fußballwoche, 25.03.1958