03. Spieltag 1958: SC Dynamo Berlin - BSG Motor Zwickau 3:1

Entscheidung reichlich spät
Diese Entscheidung ließ reichlich lange auf sich warten. Dynamo hätte wirklich nicht bis fünf Minuten vor Spielschluß um den Sieg zu bangen brauchen. Das Urteil eines jeden wird den Berlinern zweifellos ein beträchtliches Übergewicht in diesem Treffen zusprechen. Schon in den ersten Minuten stellte man einen erfreulichen Unterschied des Spielniveaus im Gegensatz zu der Begegnung am vorhergehenden Sonntag gegen Brieske fest. Der Druck, der die Zwickauer Mannschaft gleich nach Spielbeginn im eigenen Strafraum zusammenpferchte, fand dieses Mal schon in der dritten Minute auch im Resultat seine Auswertung. Schon in dieser Zeit machte sich das emsige Spiel Gruners sehr vorteilhaft für den Gast bemerkbar.

Er stand nicht nur wie ein zweiter Mittelverteidiger aushilfsweise in der Strafraummitte. Man spürte, wie er den Belagerungsring durch kluges Aufbauspiel energievoll zu durchbrechen versuchte. Schon kurze Zeit nach dem verheißungsvollen Beginn des SC Dynamo gelang es den Zwickauern wirklich, sich zu befreien. Den Auftakt dazu gab Juras langer Schuß aus Linksaußenposition, der über Marquardts Hände hinweg im langen Eck einschlug. Es war geradezu bewundernswert, welch enormes Pensum Gruner auch in dieser Phase des Geschehens zurücklegte, wie er sich plötzlich auch in eine günstig erscheinende Sturmkombination einschaltete. In dieser Zeit waren die Gäste mit schnellen und komplizierten Zügen dem Führungstor näher als Dynamo.

Doch wie oft liefen sie in die Abseitsfalle! Noch einmal verhinderte Tormann Walter die erneute Wende des Spieles, als er einen prächtigen Kopfball von Bley reaktionsschnell über die Latte lenkte. Doch in der 36. Minute, als Maschke Schröter mit einem Paß auf Walters Tor einsetzte, war sie nicht mehr aufzuhalten. Einsatz, gepaart mit technischem Können, ermöglichte es Schröter, auch den guten Zwickauer Schlußmann zu überwinden. So wie bei Zwickau ein Läufer entscheidenden Anteil an dem bisher erfolgreichen Spiel hatte, so war es nachher dem Dynamo-Läuferpaar, vor allem Maschke, vorbehalten, seine Stürmer unermüdlich aufs gegnerische Tor zu schicken.

Als er zeitweilig die für ihn mitunter typische Nonchalance an den Tag legte, war das sofort in einem Auseinanderfallen des Spielsystems zu verspüren. Das endgültig entscheidende dritte Tor hing in der zweiten Halbzeit mehrmals in der Luft. Bei der Feldüberlegenheit und den im Zwickauer Strafraum herausgespielten Einschußmöglichkeiten hätten schon längst die Würfel gefallen sein müssen, als Hofmann endlich fünf Minuten vor Schluß, den Ball, den Schäffner zuvor an den Pfosten schoß, mit dem Kopf erwischte und einsandte.

SC Dynamo Berlin:
Marquardt; Michael, Heine, Skaba; Maschke, Mühlbächer; Hofmann, Schäffner, Bley (77. Legler), Schröter, Matzen
BSG Motor Zwickau:
Walter; Glaubitz, Witzger, Neff; Gruner, Oettler; E. Franz, Baumann, R. Franz, Jura (70. Espig), Meinhold

1:0 Bley               ( 3.)
1:1 Jura               (10.)
2:1 Schröter           (36.)
3:1 Hofmann            (85.)

Schiedsrichter:        Kunert (Dresden)
Zuschauer:             2.300

Götz Hering, Neue Fußballwoche, 18.03.1958