01. Spieltag 1958: SC Motor Jena - SC Dynamo Berlin 1:2

Heines 20-Meter-Schuß brachte Entscheidung
Was in Jena kaum jemand erwartet hatte, traf ein. Der Neuling schlug selbst auswärts den SC Motor Jena und brachte ohne Zweifel die Überraschung des Saison-Auftaktes. Für die Berliner lief an diesem 2. März praktisch alles. Gestärkt wurde das Selbstvertrauen durch den frühzeitigen Führungstreffer, als Bley völlig ungedeckt nach einem Gewühl vor Jenas Tor die Vorlage Hofmanns mit Flachschuß ins lange Eck zum überraschenden 1:0 auswertete. Von diesem Schlag erholte sich der SC Motor praktisch nicht mehr. Das Treffen zeigte einen Gastgeber, der kaum zu seiner spielerischen Linie fand, im Angriff restlos enttäuschte, erneut seinen alten Fehler des übertriebenen Innenspieles und vernachlässigten Flügelspieles offenbarte und in vielen Phasen ein äußerst schlechtes Abspiel an den Tag legte.

Das mußte sich rächen, da Dynamo bereits in der ersten Hälfte wesentlich zielstrebiger operierte. Maschke gab das Musterbeispiel eines offensiven Außenläufers, der als ständige Sturmverstärkung mit Schröter zusammen die jungen Nebenleute meisterhaft einsetzte und vor allem zu Beginn des Spieles auch kräftig schoß. Was nützte Jena die Feldüberlegenheit in der zweiten Halbzeit? Viel mehr Gefahr ging von Berlins Angriffen aus, wenn Schröter seine Nebenleute steil einsetzte und man so Jenas Abwehr schwer zusetzte. In dem härter werdenden Treffen, in dem Schnieke von der 68. bis zur 76. Minute nach einem unglücklichen Zusammenprall mit Mühlbächer die Tragbahre aufsuchen mußte, hatte zweifellos Dynamo die reelleren Torchancen und Fritsche mehr zu tun als sein Gegenüber Hindenberg. Dennoch bewahrte Hindenberg bei einigen kraftvollen Schüssen der Jenaer Ducke, Müller und Rahm seine Elf vor dem Rückstand.

Die Entscheidung brachte jedoch das Duell der Freistoß- bzw. Strafstoß-Spezialisten. In der 62. Minute gelang es Heine, mit einem Bomben-Freistoß Fritsche aus 20 Metern zu schlagen. Die Hoffnungen Jenas, daß Oehler in der 80. Minute einen Foul-Elfmeter (Schnieke war nach Karambolage mit Skaba zu Fall gekommen) verwandeln würde, erfüllte sich nicht. Der sonst unfehlbare Schütze verzog das Leder knapp neben dem Pfosten ins Aus. Damit waren Jenas letzte Hoffnungen gescheitert, zumal sich Heine auch in der Organisierung seiner Abwehr als würdiger Vertreter Herbert Schoens erwies. Trainer Orczifalvi: "Ein Sieg der Taktik, so möchte ich es nennen, denn meine Mannschaft zeigte sich auf dem schwer bespielbaren Boden als die gradlinigere. Ich vermißte bei Jena das sonst an dieser Elf so vielgerühmte verwirrende Angriffsspiel und freue mich, daß meine beiden Außenläufer ihre Aufgaben restlos erfüllten. Gut gefallen hat mir auch Heine, der seine Sache recht ordentlich machte."

SC Motor Jena:
Fritsche; Buschner, Oehler, Hüfner; Ahnert, Woitzat; Müller, Ducke, Eglmeyer (70. Kirsch), Schnieke, Rahm
SC Dynamo Berlin:
Hindenberg; Michael, Heine, Skaba; Maschke, Mühlbächer; Bley (87. Legler), Hofmann, Schröter, Schäffner, Matzen

0:1 Bley               ( 6.)
1:1 Schnieke           (28.)
1:2 Heine              (62.)

Schiedsrichter:        Vogel (Karl-Marx-Stadt)
Zuschauer:             8.500

Peter Palitzsch, Neue Fußballwoche, 04.03.1958