25. Spieltag 1957: SC Aufbau Magdeburg - SC Dynamo Berlin 1:2

Es geschah, als Schröter sich ohne "Schatten" sah
Das war in der 27. Minute: Der mit einer Prachtleistung in Angriff und Abwehr aufwartende Hirschmann ließ einen seiner gefährlichen Freistöße los, diesmal von links her. Der agile Strübing lief in den Freistoß hinein, köpfte gegen den Pfosten, Skaba wehrte unglücklich ab, so daß der sonst ausgezeichnete Klemm den Ball nur abklatschen konnte. Der Nachschuß des sich restlos einsetzenden Schmidt landete knapp neben dem Pfosten im Aus. Wie der regelmäßig aufheulende Motor eines Rennwagens klang die Begleitmusik der 11.000 für diese stürmischen Aktionen ihrer Lieblinge über das Stadion hin. Diese 27. Minute war das Signal für eine Großoffensive der klug auf ihren großen Gegner eingestellten Magdeburger. Bis dahin hatte zwar Marzahl seine Spezialaufgabe, Schröter zu bewachen, erfüllt, doch war der ruhig und gekonnt seinen gewohnten Kurzpaß spielende Spitzenreiter nach einer Unachtsamkeit des sonst sicheren Theile verdient in Führung gegangen.

Dieses Tor in der 15. Minute war eine ausgezeichnete Flanke Matzens, die Michalak nicht festhalten konnte, und ein ebenso ausgezeichneter trockener Flachschuß Heines. Was sich aber von der geschilderten 27. Minnte an bis weit in die zweite Halbzeit den Magdeburger Stürmern für Chancen boten, nicht nur durch das Eckenverhältnis von 12:3 (6:0!), gibt darüber Aufschluß. Immer wieder wurden die vier Stoßstürmer Schmidt (der nach seinem herrlichen Tor die Befangenheit ablegte), Kubisch (dem man einige Pfunde mehr wünscht), Strübing (der unermüdlich die Position wechselte) und Stöcker (dessen Kopfballtechnik beeindruckte) steil "geschickt". Dabei tat sich vor allem der 23jährige Linienläufer Günter Hirschmann hervor. Selbst Marzahl schaltete sich in das Angriffsspiel ein, das erwies sich aber gegen Schluß, als er Schröter zum entscheidenden Tor Raum ließ, als verhängnisvoll. Da konnte sich Klemm einen Marzahl-Freistoß gerade noch aus der "Menge" fischen, da wurde Hirschmanns herrliche Steilvorlage in der 32. Minute nur deswegen nicht verwertet, weil Kubisch zu lange zögerte und Strübing schließlich zu hoch abschoß.

Da köpfte Stöcker einmal glänzend im Sprung. aber zu hoch, da schoß der Linksaußen seinen eigenen Halblinken an, überspielte dann den im ganzen seine Aufgabe erfüllenden Schneider, verschoß aber. Das Tor in der 36. Minute war der Ausdruck der Magdeburger Überlegenheit kurz vor der Pause. Eben hatte Strübing einen Ball Klemm aus den Händen geköpft und Skaba - ebenfalls mit dem Kopf - auf der Torlinie zur vierten Ecke gerettet, da erwischte Schmidt den Eckstoß durch viele Beine hindurch und schoß zum Ausgleich ein. Warum Dynamo diesmal nicht so recht zum Zuge kam, ist nicht so leicht zu erklären. Sicher lag es hauptsächlich an dem schwungvollen Angriffs- und Abwehrspiel der Gastgeber, und daran, daß vor allem die Außenläufer und Halbstürmer Dynamos diesmal nicht ihre gewohnte Form fanden. Vielleicht lag es aber auch trotz der bravourösen Partie Schneiders daran, daß Herbert Schoen fehlte.

SC Aufbau Magdeburg:
Michalak; Theile, Koch, Müller; Marzahl, Hirschmann; Kubisch, Schmidt, Strübing, Niewand, Stöcker
SC Dynamo Berlin:
Klemm; Michael, Schneider, Skaba; Maschke, Mühlbächer; Heine, Schäffner (70. Hofmann), Legler, Schröter

0:1 Heine              (15.)
1:1 Schmidt            (36.)
1:2 Schröter           (79.)

Schiedsrichter:        Paul (Dessau)
Zuschauer:             11.000

Günther Bonse, Neue Fußballwoche, 19.11.1957