21. Spieltag 1957: SC Dynamo Berlin - BSG Fortschritt Meerane 7:0

Legler-Schüsse hatten es in sich
Wer hätte wohl solch ein Debakel für die Fortschritt-Mannschaft erwartet! Immerhin wissen wir doch aus der Vergangenheit, daß die Mannen aus Meerane einen recht gepflegten Fußball zu spielen verstehen. Sie haben auch in diesem Jahr, wenn auch gerade keine Bäume ausgerissen, so aber doch achtbare Ergebnisse erzielt. Offensichtlich scheint jedoch, seitdem Flehmig die Fußballschuhe an den Nagel hängen mußte, ein Riß im Mannschaftsgefüge, vor allem im Sturmspiel, eingetreten zu sein. Nur kurz währte die Freude für den Gast an diesem Sonntag. Einige Male stießen Czaja und Krüger höchst gefährlich vor. Man konnte einige Befürchtungen haben, als Michael so überspielt wurde und als Czaja - obgleich man bereits gewarnt war - immer wieder erheblich Raum gelassen wurde, in dem er bequem angespielt werden und aus der Tiefe heraus operieren konnte. Doch was auf dem einen Flügel geschah, vermißte man auf dem anderen so gut wie ganz. Gegen den schon seit langem beständigen, ausgezeichneten Skaba und, wie zu erwarten, gegen Herbert Schoen kam der ganze rechte Flügel nicht auf die Beine.

Besonders enttäuscht hat, schon wegen der technischen Mängel, Mittelstürmer Büttner. In der ersten Zeit konnten die Gäste dennoch das Spiel einigermaßen offenhalten, weil sich Thate und Wohlfarth abwechselnd und sehr intensiv um den Aufbau bemühten. Die Möglichkeit, offensiv zu operieren, mußte jedoch bei der geringen Produktivität des Sturms zusammenbrechen. Das Gegengewicht, das Dynamo zu bieten hatte, war schließlich viel zu groß und wurde im Laufe der Zeit fast erdrückend. Nicht nur die souveräne Abwehr, in der ja auch Michael bald zur Sicherheit fand, bot die Voraussetzung dazu, daß der Ball bald unaufhörlich dem Meeraner Tor entgegenrollen konnte. Auch Maschke und Mühlbächer traten die Herrschaft des Mittelfeldes an und konnten mit ihrem Sturm oft genug zusammen vorstoßen. Daß beide zu einem Torerfolg kamen, unterstreicht dies nur. Wir wollen zwar das Sturmspiel der Berliner nicht zu sehr mit Worten des Ruhmes bedenken. Dazu gab es noch zu viel des Spiels in die Quere, dazu waren auch die schwankenden Leistungen Schäffners und leider auch Matzens diesmal nicht angetan.

Als Hofmann hereinkam, entsprang dessen Tatendrang sofort eine stärkere Stoßkraft. Dennoch war bis dahin das Spiel praktisch schon entschieden. Schröter war es immer wieder gelungen - oftmals mit einem Feuerwerk technischer Kabinettstückchen -, das Leder abzufangen, Gegner zu umspielen und seine Nebenleute einzusetzen. Dazu kam die enorme Schußkraft Leglers. Man schoß überhaupt, was das Zeug hielt, anfangs auch bei Meerane. Während jedoch bei den Gästen erst in der 82. Minute seit langer, langer Zeit wieder ein gefährlicher Schuß von Büttner Klemm zur Hergabe seines Könnens zwang, wurde man bei Dynamo in dieser Hinsicht immer mobiler. Der wohl doch etwas zu unbewegliche und füllige alte Kämpe Baumgart hatte am meisten zu tun, nicht überlaufen zu werden. Ein Bravo nur dem Torwart Löschner! Was er hielt, was außerdem an die Latte prallte oder in den Beinen der Verteidigung hängen blieb, war nicht gerade wenig, und wir hätten uns nicht gewundert, wenn der einst so berühmte Gast zweistellig geschlagen nach Hause gegangen wäre.

SC Dynamo Berlin:
Klemm; Michael, Schoen, Skaba; Maschke, Mühlbächer; Heine, Schäffner (63. Hofmann), Legler, Schröter, Matzen
BSG Fortschritt Meerane:
Löschner; Baumgart, Engelmann, Kraitzek; Thate, Wohlfarth; Liechtenstein (61. Vogel), Küchler, Büttner, Czaja, Krüger

1:0 Legler             (11.)
2:0 Legler             (44.)
3:0 Mühlbächer         (53.)
4:0 Legler             (72.)
5:0 Legler             (73.)
6:0 Schröter           (80.)
7:0 Maschke            (88.)

Schiedsrichter:        Schneider (Forst)
Zuschauer:             3.000

Götz Hering, Neue Fußballwoche, 22.10.1957