07. Spieltag 1957: SC Dynamo Berlin - SC Wissenschaft Halle 2:1

Noch einmal davongekommen / Studentenelf gefiel / Dynamo war nur 20 Minuten da
Mit hängenden Köpfen gingen nach dem Spiel einige Wissenschaft-Spieler in die Kabinen.. Tröstend und zugleich anerkennend klopfte ein Zuschauer im Vorübergehen Läufer Kleine auf die Schulter: "Gut gespielt!" Auch Dynamo-Trainer Orcifalvi fand anerkennende Worte für die Wissenschaft-Mannschaft. Aus der Oberliga würde diese Mannschaft gewiß nicht absteigen, meinte er, in einer Ecke der Sprunggrube skeptisch das Spiel verfolgend. Die Studentenelf brauchte ihre Niederlage wirklich nicht allzu tragisch nehmen. Sie hat in Berlin, so wie es die Meinungen der Berliner Zuschauer und Trainer bezeugen, gut gefallen. Sie spielt einen technisch ausgezeichneten Ball, einen gepflegten Flachpaß und hat schnelle Leute in ihren Reihen. Man spürt schon, daß in dieser Mannschaft etwas steckt und war wirklich erfreut, nach Wolfen eine weitere Mannschaft mit so guten Leistungen zu sehen.

Dennoch, wir sind nicht ganz zufrieden. Wollten wir es sein können, dann hätte das Resultat anders lauten müssen, dann hätte der Wissenschaft-Sturm erfolgreicher operieren, mehr Tore schießen müssen. Bei aller Gefälligkeit für das Auge fehlte jedoch an der Strafraumgrenze die notwendige Durchschlagskraft. Die Fäden, die zuvor gesponnen wurden, rissen vor der Dynamo-Abwehr. Zu viele Aktionen waren signalisiert und nicht so ideenvoll angelegt, als daß sie den Berliner Abwehrblock aus den Angeln heben könnten. Oft kam der Ball hoch in die Strafraummitte. Man mußte aber wissen, daß Herbert Schoen als Kopfballspezialist solchen Versuchen schnell ein Ende setzt. Wir dürfen allerdings nicht übersehen, daß der Dynamo-Mittelverteidiger ein immer zuverlässiger werdendes Verteidigerpaar neben sich hat. Wirklich beachtlich, wie der blonde Schneider sich herausgemacht hat! Leider kann man nicht gleiches Lob dem Sturm der Berliner Mannschaft zollen.

Im Wolfener Spiel wurde Legler ausgewechselt, diesmal kam für Hänsicke Thiemann hinein, weil ersterer auf Landmann keine rechte Einstellung fand. Maschke versuchte sich auf Halbrechts. Doch es blieb auch diesmal wieder offensichtlich, daß der Dynamo-Sturm zur Zeit weit unter Form spielt. Vor allem die Schußschwäche vor dem Tor erregte auch diesmal wieder manches Kopfschütteln. Maschke, der einerseits ausgezeichnete Szenen hatte, mußte sich schließlich wegen seines lässigen, unkonzentrierten Spieles die Pfiffe der Zuschauer gefallen lassen. Selbst Schröter war über ganze Strecken nicht zu sehen. Dennoch kann einem unser Nationalspieler leid tun. Wieviel saubere Pässe von ihm erreichten ihren Mann und blieben dann ungenutzt! Nur 20 Minuten der ersten Halbzeit, als "Moppel" plötzlich "da war", als zentraler Punkt zusammen mit Mühlbächer Welle auf Welle auf das Wissenschaft-Tor schickte, waren die Berliner von ihrer Mannschaft begeistert. Diese Phase drückender Überlegenheit brachte über beide Tore hinaus auch noch weitere Pfosten- und Lattenschüsse und rechtfertigte schließlich den Sieg.

SC Dynamo Berlin:
Hindenberg; Schneider, Schoen, Skaba; Mühlbächer, Schäffner; Maschke, Heine, Schröter, Hänsicke (73. Thiemann), Matzen
SC Wissenschaft Halle:
Meinel; Wendt, Landmann, Herz; Kleine, Schwertfeger; Schmittinger, Hoffmann, Bökelmann, Welzel, May

1:0 Maschke            ( 4.)
2:0 Hänsicke           (23.)
2:1 Bökelmann          (37.)

Schiedsrichter:        Neumann (Forst)
Zuschauer:             4.000

Götz Hering, Neue Fußballwoche, 11.06.1957