23. Spieltag 1956: SC Dynamo Berlin - SC Einheit Dresden 2:2

Diskussionen pro und contra sinnlos! / Annulliertes Matzen-Tor kein Grund zum Hadern
Der SC Dynamo haderte am Schluß mit dem Schiedsrichter. 30 Sekunden vor dem Ausgleich Petersohns hatte er einen Treffer von Matzen nicht anerkannt, weil der Schütze im Abseits gestanden haben soll. Das Winkzeichen von Linienrichter Neumann erfolgte bei der Flanke Holzes unverzüglich. Nicht für jeden war die regelwidrige Position des Berliner Linksaußen erkennbar - deshalb gab es auch Diskussionen pro und contra den Treffer. Gleich, wie die kaum noch genau feststellbaren Tatsachen auch sein mögen: Entscheidend für den Ausgang des Spieles war das nicht anerkannte Tor auf keinen Fall An dem Unentschieden hat Dynamo ganz allein schuld. Es brauchte bei der anhaltenden Feldüberlegenheit der Berliner nicht zu sein. Sowohl der Anschlußtreffer von Arlt als auch der Ausgleich hätten verhindert werden müssen. Wie konnte Petersohn nur völlig unbedrängt flanken? Warum blieb Klemm nicht auf der Linie?

Dort hätte er den unplazierten Kopfstoß von Arlt gewiß abgewehrt. Wenn aber der Tormann schon herausläuft, muß der Ball "seiner" sein! Die Resignation Dynamos blitzschnell ausnutzend, startete der SC Einheit nach dem annullierten Abseitstor einen Gegenstoß, der mit dem Ausgleich durch den ansonsten wenig bietenden Petersohn endete. Die beste Zeit hatten die Berliner in dem durch starke Dämmerung immer schwerer zu verfolgenden Spiel vor der Halbzeit, als sie 1:0 führten. Angetrieben von Schröter und dem zurückgezogen spielenden Maschke startete der Sturm eine Reihe verheißungsvoller Angriffe mit herzhaften Schüssen, die jedoch meistens aus zu großer Entfernung abgegeben wurden, als daß sie den trefflichen Großstück hätten überwinden können. Was nachher geboten wurde, war auf beiden Seiten mehr als dünn.

Die Veranlassung dazu aber gaben ohne Zweifel die Gäste mit ihrer unverständlichen Defensiveinstellung. Fast die gesamte Mannschaft, mit Ausnahme des vorn lauernden Arlt, befand sich in eigener Spielhälfte. Nur ab und zu lockerte sich diese "grausame" Zusammenballung von Spielern auf, wenn die Dresdener einmal das Leder in den eigenen Reihen zu halten versuchten. In der Regel aber fingen Dynamos Läufer den nach vorn gedroschenen Ball ab, so daß er stets wie ein Bumerang in die Einheit-Hälfte zurückgetragen wurde. Die Berliner aber fanden kein Mittel, gegen diese häßliche Spielweise ein Mittel zum energischen Durchbruch zu finden. Sie blieben mit ihren hohen und weiten Flanken fast immer an der massierten Einheit-Deckung hängen.

Dann begann das ganze Schauspiel wieder von vorne. Jeder kann sich vorstellen, daß solche Ackerei wirklich keine Augenweide war. Ersparen wir uns deshalb eine weitere Kritik an der im Grunde genommenen niveaulosen Auseinandersetzung, die von Dynamo wenigstens mit etwas mehr Einsatz und spielerischer Linie geführt wurde (Härten jedoch auf beiden Seiten!). Von Einheits guten Leistungen in der zweiten Halbserie war nicht mehr viel zu sehen. Wie konnte die Mannschaft bei ihrem guten Tabellenstand nur zum Mittel der absoluten Torverteidigung greifen und damit dem Treffen eine Note verleihen, die haargenau zu dem trüben Oktoberhimmel paßte. Die Dresdener machten genau das, was wir in unserem Fußball nun endlich nicht mehr sehen wollen, und dabei können sie im Grunde genommen doch wirklich viel, viel mehr!

SC Dynamo Berlin:
Klemm; Skaba, Michael, Heine; Mühlbächer, Thiemann; Holze, Schröter, Pinske, Maschke, Matzen
SC Einheit Dresden:
Großstück; Albig, Pfeifer, Jochmann; Hansen, Reinicke; Prenzel, Vogel, Arlt, Müller (70. Fischer), Petersohn

1:0                    (30.)
2:0                    (50.)
2:1                    (53.)
2:2                    (67.)

Schiedsrichter:        Müller (Pfauen)
Zuschauer:             4.000

Heinrich Müller, Neue Fußballwoche, 30.10.1956