15. Spieltag 1956: SC Dynamo Berlin - SC Rotation Leipzig 4:2

Blitzstart gab Dynamo den Auftrieb zum Sieg / "Moppel" Schröter erstmals wieder dabei / Pröhl verhinderte höhere Niederlage
Dieser Sieg ist ein Lichtblick für Dynamo nach dem enttäuschenden Saisonstart in Brieske. Es wäre jedoch falsch, wollte man das 4:2 schon als den endgültigen Wendepunkt betrachten. So kostbar die beiden Punkte für die Berliner sein mögen - es wird noch viel Mühe kosten, die jetzt ein wenig gefestigte Position zu sichern und weiter auszubauen. Die Chancen stehen dafür aber nicht allzu schlecht; denn der SC Dynamo kann jetzt wieder seinen Sturmregisseur "Moppel" Schröter einsetzen, der dem Angriff den in der letzten Zeit- so oft vermißten Zusammenhang wiedergeben könnte. Diesmal war er noch nicht wieder in bester Form, auch verfiel er ab und zu in den alten Fehler, den Ball zu lange zu halten.

Dennoch gingen von ihm die wesentlichsten Impulse für das Angriffsspiel aus, zumal den beiden talentierten Läufern Mühlbächer und Thiemann noch die Routine fehlt, um im Mittelfeld die beherrschenden Faktoren zu sein. So gab es zeitweise recht beträchtlichen Leerlauf auf beiden Seiten; denn auch bei den Gästen fehlte ein systematischer Spielaufbau. Der Mann, der das hätte schaffen können, Horst Scherbaum, mußte immer ein Auge auf die eigene Abwehr haben, die Schnitzer über Schnitzer machte und deshalb nicht geringen Anteil an dem Erfolg Dynamos hatte. Trotzdem war Scherbaum über weite Strecken die dominierende Figur im Mittelfeld, und an ihm lag es nicht, daß sich sein Sturm immer wieder an der sicheren Abwehr der Berliner festrannte.

Dynamos Blitzstart war frappierend: Nach einer halben Minute lag der Ball zum ersten Mal hinter Pröhl im Netz. Schröter hatte das Leder in den Strafraum gebracht, Pinske sprang täuschend über den Ball, dadurch konnte Maschke unbehindert zum nach innen gelaufenen Matzen passen, und der vollendete mühelos. Es schien fast, als wäre diese schnelle Führung nur Strohfeuer gewesen; denn im weiteren Verlauf der ersten Halbzeit waren nur wenig Höhepunkte zu verzeichnen. Den Leipziger Angriffen mangelte es an Linie. Beide Außenstürmer drückten übermäßig nach innen. Trainer Krügel hatte nach der schnellen Führung Dynamos Fettke und Pfeiffer die Plätze tauschen lassen, aber davon profitierten weder der Sturm noch die Abwehr, und auch der später für Pfeiffer eingesetzte Hofmann konnte keine Wendung mehr bringen.

Die zweite Hälfte brachte die endgültige Entscheidung. Ein schwerer Fehler von Knaust ergab schon nach zwei Minuten durch Maschke die neuerliche Führung. Der Leipziger Stopper neigt in letzter Zeit auffällig zu einem überheblichen Galeriespiel, das seiner Art gänzlich widerspricht und seiner Mannschaft nicht zum Vorteil gereicht. Neben ihm kam auch Bauer einige Male ins Schwimmen, und Reichel zog gegen Matzen meist den kürzeren. So war das Ende vorauszusehen. Dynamo steigerte sich in der letzten Viertelstunde, und nur der überragende Pröhl und der alte Routinier Scherbaum verhinderten Schlimmeres.

SC Dynamo Berlin:
Klemm; Skaba, Schoen, Schneider; Mühlbächer, Thiemann; Holze, Schröter, Pinske, Maschke, Matzen
SC Rotation Leipzig:
Pröhl; Reichel, Knaust, Bauer; Scherbaum. Pfeiffer (75. Hofmann); Weidenbörner, Seifert, Lembke, Fettke, Alt

1:0 Matzen             ( 1.)
1:1 Lembke             (45.)
2:1 Maschke            (48.)
2:2 Weidenbörner       (56.)
3:2 Maschke            (78.)
4:2 Holze              (83.)

Schiedsrichter:        Müller (Plauen)
Zuschauer:             7.000

Joachim Schulz, Neue Fußballwoche, 21.08.1956