10. Spieltag 1954/55: SC Dynamo Berlin - SC Rotation Leipzig 1:1

Dramatische Torszenen, verbissener Einsatz / Leipziger weiterhin formverbessert / "Moppel" in prächtiger Laune
Die letzten beachtlichen Erfolge des neuen Leipziger Sportclubs Rotation ließen aufhorchen: 3:4 in Aue gegen den SC Wismut, torlos Remis auf dem Platz unseres DDR-Meisters Turbine Erfurt. Zwar brachte die Begegnung gegen Dynamo nicht die hundertprozentige Bestätigung für die vorausgegangenen ausgezeichneten Resultate, eine gefällige Leistungssteigerung der Krügel-Schützlinge war aber ganz offensichtlich zu erkennen, Die Hauptaufgabe scheint uns gegenwärtig in der Verbesserung der technischen Feinheiten bei verschiedenen Spielern zu liegen. Insgesamt spielte die Elf jedoch sehr geschickt, nutzte wiederholt die eminente Schnelligkeit des rechten Flügelstürmers Weidenbörner aus und gewann nach anfänglichen Unsicherheiten der Abwehr (Knaust und Pfeifer schlugen zu Beginn mehrmals über den Ball) auch im Deckungszentrum an Sicherheit.

Die Begegnung stand im Zeichen erbitterten Einsatzes. Es gab zahllose spannungsgeladene Momente, insbesondere vor beiden Toren. Chancenmäßig verlief die erste Halbzeit mit leichten Vorteilen für den Gast, der bereits nach 17 Minuten durch den schnellen Weidenbörner, der aus Mittelstürmerposition (abseitsverdächtig) loszog und den zögernden Klemm überwand, 1:0 in Führung lag. Dynamo spielte fürs Auge zweifellos gefälliger, bei weitem aber nicht druckvoll genug. Hingegen schafften die Leipziger mit Steilpässen und wiederholten Wechseln der Flügelstürmer entscheidenden Raumgewinn, wenn man sich auch durch das hohe Abspiel die Kontrolle über das Leder sehr erschwerte. Bethnarek gab sich im Abwehrzentrum große Mühe, hatte aber verschiedentlich das Nachsehen. Auch Michael zog sich in zahlreichen Momenten nur dank seines risikolosen Einsatzes erfolgreich aus der Affaire.

Die zweite Halbzeit, getrübt durch ein böses Foul von Maschke an dem Leipziger Läufer Fettke, sah die Berliner, in erster Linie dank unermüdlicher Spielfreude von "Moppel" Schröter, zeitweise klar im Übergewicht. Der Halbrechte schuftete beispielhaft und öffnete nun auch die Gassen für Holze und Matzen. Erst von diesem Zeitpunkt an war Dynamo gefährlich! Wiederholt drangen die Außenstürmer durch, ihr Torschuß war jedoch äußerst kläglich. Allein Holze boten sich zwei faustdicke Chancen. Vorwiegend das zahlenmäßige Übergewicht der Leipziger im eigenen Strafraum (Hempel und Seifert spielten nun zurückgezogen) bewahrte sie vor dem zweiten Verlusttreffer, der besonders bei einem Kopfstoß von Kreische in greifbarer Nähe lag. Dynamo hat entgegen den zwei vorausgegangenen Heimspielen auf jeden Fall diesmal schon zielstrebiger gespielt und verbissen gekämpft. Noch klappt es nicht nach Wunsch, noch hat das Kollektiv ohne seinen bewährten Kapitän Herbert Schoen die alte Sicherheit nicht wiedergefunden.

SC Dynamo Berlin:
Klemm; Michael, Bethnarek, Usemann; Kreische, Maschke; Holze, Schröter, Hänsicke, Möbius, Matzen
SC Rotation Leipzig:
Vogelsang; Reichel, Knaust, Schorr; Pfeifer, Fettke; Weidenbörner, Seifert, Hempel, Matthäus, Richter (74. Lembke)

0:1 Weidenbörner       (17.)
1:1 Hänsicke           (29.)

Schiedsrichter:        Wutzig (Wurzen)
Zuschauer:             2.500

Dieter Buchspieß, Neue Fußballwoche, 14.12.1954