Europapokal der Landesmeister 1986/87 - 2. Runde Rückspiel: BFC Dynamo - Bröndby IF Kopenhagen 1:1

Erneut nicht hellwach nach dem Anstoß
Manches kann einer Mannschaft, die einen Rückstand von einem Tor aufzuholen hat, passieren, nur das nicht: sie darf nicht sofort wieder in den Rückstand geraten und sich damit einen Strich durchs eigene Konzept machen. Dem BFC passierte es erneut, obwohl die Trainer Jürgen Bogs und Joachim Hall noch mal eindringlich gemahnt hatten, vom Anpfiff weg hellwach zu sein. Doch wie in Kopenhagen zog Vilfort - ein alter Bekannter schon aus der Olympiaqualifikation 1984, als er noch für Bröndbys Stadtrivalen Frem spielte - mit einem Steilpaß des vorgestoßenen, dabei nicht entscheidend gestörten Hansen los und vollendete. Ein bißchen Glück war freilich dabei, indem der Vorstopper mit Trieloff preßschlug und das Leder wieder vor die Brust und in den lauf bekam. Das meinte Trainer Ebbe Skovdahl dann wohl auch, als er von "glücklich" und der "erwartet schweren Sache für uns" sprach. "Es war gut für uns, so ein frühes Tor zu machen, um dann unsere geplante Taktik, defensiv und mit Kontern zu spielen, umsetzen zu können."

Ob Glück oder nicht, der BFC muß sich wohl diesen unnötigen Treffer selbst anrechnen. Jürgen Bogs hat Recht: "Wir haben uns das Ausscheiden selbst zuzuschreiben. Wir überzeugten nicht. Von der erneuten Schaltpause konnten wir uns nicht vollkommen erholen. Das Leistungsgefälle war dafür viel zu groß." Dennoch hatten es die Berliner in der Hand, den Spieß beizeiten noch umzudrehen, nachdem Ernst der Ausgleich schon fünf Minuten nach der Bröndby-Führung gelungen war. Zwischen der 12. und 22. Minute waren so klare Chancen im Spiel, die reichen mußten, um die gerade in dieser Phase in der Abwehr noch instabilen und unsicheren (Torwart Cramer) Dänen aus dem Cup zu eliminieren. Ernst (Direktschuß, zu aller Verblüffung und weil "auf den Mann" von Cramer pariert), Pastor, Ernst (Pfosten), Doll (im Gewühl fast auf der Linie) - all dies kam nicht wieder, obgleich der BFC auch nach der Pause weitgehend den Angriff suchte, das geschehen mehr oder weniger bestimmte und auch da noch die Chancen hatte, zumindest die Verlängerung zu erreichen: Pastors Lattenkopfball, Schulz-Direktschuß, bei dem Lisdorf k.o. ging.

Rohdes Drang zum Bröndby-Tor wurde diesmal nicht belohnt, denn seine beste Ablage auf Pastor blieb ohne Folgen. Wie heißt es im Volksmund? Der hastige überspring seine Gelegenheit. Verstolpert würde hier besser passen. Daß der BFC-Kapitän und Auswahllibero, unermüdlich und vorbildlich in seiner Kampfeinstellung, was manchem seiner Mitspieler ebenfalls zu wünschen gewesen wäre, im Bröndby-Strafraum strafstoßverdächtig "gehakelt" wurde, sei erwähnt. Jedoch ist dies nicht der Ausgangs- und Mittelpunkt der Analyse über die letztlich enttäuschende Verabschiedung aus dem Cup der Meister. Dem BFC fehlte es an Konstruktivität im Mittelfeld, am systemvollen Spiel. Daß Thom nach zwei Gelben Karten (die erste gegen Örgryte wegen zu früher Ausführung eines Freistoßes (!), die zweite wegen eines völlig unnötigen Fouls in Kopenhagen) nicht dabeisein durfte, war den Aktionen anzumerken. Eine gewisse Aktie am Ausscheiden hat also auch der Nationalspieler.

Dennoch kann auch dies - und Bogs wollte es auch nicht so verstanden wissen - nicht ausschlaggebend sein. Vielmehr: Ernst konnte sich nicht zur Regie aufschwingen, Licht und Schatten wechselten bei ihm zu schnell. Er ließ sich als offensiver Mann im Mittelfeld zu weit nach hinten fallen. Auch was Trieloff, Fügner und mit Abstrichen Backs boten, reicht international nicht. Doll, M. Schulz, andere auch, fingen hoffnungsvoll an, am Ende war es auch zuwenig. Selbst in der "Alles oder nichts!"-Schlußphase waren nicht alle gleichermaßen leidenschaftlich beteiligt. Und das verwunderte. Erfreulich die Partien von Ksienzyk und B. Schulz, die die gefährlichen C. Nielsen und Vilfort alles in allem im Tatendrang einengten. Daß sich zuletzt für Bröndby noch Kontermöglichkeiten ergaben, war zu erwarten. Da hätten Steffensen und H. Jensen noch den Sieg heraussschießen können, was der BFC, wie gesagt, schon vor der Pause hätte tun können und müssen.

BFC Dynamo:
Rudwaleit; Rohde; Ksienzyk, B. Schulz, Fügner; M. Schulz, Trieloff (67. Köller), Ernst, Backs; Pastor, Doll
Bröndby IF Kopenhagen:
Cramer; Olsen, Östergaard, Hansen, Madsen; Lisdorf (70. Wiedel), H. Jensen, J. Jensen, Steffensen; C. Nielsen, Vilfort

0:1 Vilfort            ( 7.)
1:1 Ernst              (12.)

Schiedsrichter:        Germanakos (Griechenland)
Zuschauer:             11.000

Joachim Pfitzner, Neue Fußballwoche, 11.11.1986