Europapokal der Landesmeister 1986/87 - 2. Runde Hinspiel: Bröndby IF Kopenhagen - BFC Dynamo 2:1

Furioser Schlußspurt noch belohnt
Der finnische UEFA-Beobachter Georg Kruelew stufte das Match, das durch den vorausgegangenen Dauerregen auf glitschigem, kräftezehrendem, aber dennoch gut bespielbaren Rasen abrollte, am Ende als "echten EC-Fight" ein. "Es atmete Leidenschaft, Hingabe und enormes Tempo und bekam durch den furiosen Schlußspurt der Dynamos noch erregende Züge." "Jetzt wird es für uns in Berlin sehr, sehr schwer. Der BFC erwies sich vor allem kämpferisch und in physischer Hinsicht von einem anderen Kaliber als die Budapester Honved-Elf." So das Urteil von Trainer Ebbe Skovdahl, der eine ungemein bewegungsfreudige, vor Tatendrang förmlich sprühende Elf aufs Feld schickte, die zudem aus einer sich immer wieder blitzschnell schließenden Abwehr Spiel- und Angriffsgeschick zu offerieren wußte. Deren Husarenstil überraschte, ja schockte offensichtlich die Dynamos, obwohl diese von Jürgen Bogs, eingedenk der Beobachtungen vom 3:1 gegen Naestved, intensiv auf ihr bissiges Forechecking, auf ihre Konterzüge eingeschworen worden waren.

"Bröndby entzündete sich an der Sorglosigkeit, an den Schaltpausen des BFC. Eine imponierende Leistung." Auch Auswahlchef Josef Piontek, der für Olsen, J. Jensen und C. Nielsen Einladungen für den EM-Start gegen Finnland (29. Oktober) in der Tasche hatte, lobte die Platzherren. Vornweg den wuchtig-wendigen Claus Nielsen. Er und der lange Vilfort (sie schossen in den 22 Punkterunden zusammen 27 Tore!), "die wir anfangs nicht in den griff bekamen" (so Bernd Schulz), fuhren förmlich Karussell mit der BFC-Deckung, die weder abgesichert noch abgestimmt operierte. Beleg dafür waren die Tore, an denen C. Nielsen entscheidenden Anteil hatte. Zuerst nutzte er ein Mißverständnis zwischen Fügner-Ernst mit blitzschnellem Antritt, und M. Schulz bugsierte seinen Flachschuß in höchster Not vor Vilfort ins eigene Netz. "Und das nach einer knappen halben Minute", ärgerte sich der Pechvogel, dem keiner einen Vorwurf machte.

Beim 2:0 stiefelte erneut C. Nielsen mit einem paß aus der Tiefe allein auf Rudwaleit zu, der zuvor gegen Steffensen große Szenen hatte (8., 13.), spielte überlegt zum mitlaufenden Vilfort, der vor dem leeren Tor leichtes Spiel hatte. An diesem Rückstand trug unser Meister schwer, der fast eine Stunde lang keine Geschlossenheit erzielte, taktische wie spielerische Holperer produzierte, erhebliche Schwankungen verkraften mußte (Doll, Fügner, M. Schulz, Pastor), kaum einmal zu systematischen, klaren gar konstruktiv-wuchtigen Aktionen fand. Torhüter Nörrevang, die Achillesferse der Dänen, wurde in dieser Phase nicht ein einziges Mal auf die Probe gestellt (!), der bis dahin einzige Torschuß von Ernst (26.) ging knapp am Pfosten vorbei. Es spricht jedoch für die Dynamos, daß sie sich für die letzten 30 Minuten echte Steigerungsraten offenhielten.

Hier nahmen sie das Heft des Handelns resolut in ihre Hände (Rohde, Ernst, Thom, Pastor, Backs), spielten entschlossen ihr größeres Stehvermögen aus und strebten mit Hingabe nach der Resultatskorrektur. Dabei trug die energische und enge Manndeckung von B. Schulz-Ksienzyk gegen Vilfort-C. Nielsen Früchte. "Unsere Einwechsler brachten frischen Schwung mit", freute sich Trainerassistent Joachim Hall. Nicht zufällig kam dann auch die entscheidende Flanke von Trieloff, "in die ich voll hineinlaufen konnte. Mein erstes EC-Tor", strahlte der Schütze Frank Rohde, gezeichnet, aber am Ende erlöst inmitten seiner Elf, in der einigen nicht frei von psychischen Problemen wirkten. Die Folgen waren Kurzschlußhandlungen, durchaus vertretbare Verwarnungen gegen M. Schulz, Pastor, Thom, der nun wie Reich (beide erhielten ihre zweite) beim Rückspiel seiner Elf nur die Daumen drücken kann!

Bröndby IF Kopenhagen:
Nörrevang; Olsen; Östergaard (59. Wiedel), Hansen, Madsen; Lisdorf, H. Jensen (77. R. Nielsen), J. Jensen, Steffensen; C. Nielsen, Vilfort
BFC Dynamo:
Rudwaleit; Rohde; Ksienzyk, B. Schulz, Fügner (71. Reich); M. Schulz (70. Trieloff), Ernst, Backs; Pastor, Doll, Thom

1:0 M. Schulz          (19., Eigentor)
2:0 Vilfort            (15.)
2:1 Rohde              (88.)

Schiedsrichter:        Syme (Schottland)
Zuschauer:             5.401

Klaus Thiemann, Neue Fußballwoche, 27.10.1986