Europacup der Landesmeister 1986/87 - 1. Runde Rückspiel: BFC Dynamo - Örgryte IS Göteborg 4:1

BFC die bessere Elf: Im "50." 20. Sieg
Bevor man zur Sache kam, war von Jubiläen die Rede. Der BFC bestritt sein 50. EC-Spiel seit 1971, und Örgryte verwies auf das hundertjährige Bestehen des Klubs im nächsten Jahr - da wollte man eigentlich international etwas auf den Geburtstagstisch legen. Daraus wird nichts. Die Schweden wurden klar geschlagen. besaßen sie trotz der Heimniederlage noch Hoffnungen ("Sicher kann Dynamo noch nicht sein", Trainer Agne Simonsson), so mußten sie in Berlin beizeiten erfahren, daß das Rückspiel keinesfalls mehr hochdramatisch verlaufen würde. Und Simonsson, der Schwedens Trikot 51mal trug, Vizeweltmeister 1958 war und bei jener Endrunde als 22jähriger vier Tore schoß, irrte auch, als er prophezeite: "Meine Abwehr wird nicht noch einmal so viele Fehler machen." Auch der Einbau des lange verletzten Hünen Karlsson in die Vierer-Abwehrreihe vermochte die Verwirrung der Göteburger in entscheidenden Situationen nicht zu verhindern.

Schon nach acht Minuten hätte es 2:0 für die Berliner stehen können (und müssen). Pastors paß zu dem völlig frei durchlaufenden Ernst, der verzog, ein Pastor-Hechtflugkopfball an den Pfosten nach Thoms Flanke und ein Direktschuß von ernst nach Flanke des unermüdlichen Rohde - es begann sehr gut, fast zu gut für unseren Meister, der das geschehen klar diktierte und folgerichtig durch den drangvollen, von Engquist nicht gerade zimperlich bekämpften Pastor (aber warum so oft unnötiges Fallen und Reklamieren?) und durch den eine beherzte Partie liefernden Backs nach schönem Zusammenspiel mit Thom zur 2:0-Führung kam. Für meine Begriffe störte der BFC die nun etwas mehr aufbegehrenden, mit einem massiven Mittelfeld aufwartenden Gäste nicht energisch genug schon im Spielaufbau, obwohl man in eigener Tornähe kompromißlos handelte (sehr aufmerksam Fügner).

Über den die Bälle verteilenden nordirischen WM-Kapitän McIlroy (88 A-Spiele), den sich ÖIS mit Hilfe des englischen Altinternationalen Bobby Charlton für drei Monate per Leihvertrag aus Manchester holte, den gewitzten Limpar und den Torschützen Hellström kam Göteborg besser ins Spiel. Der BFC agierte offenbar jedoch nach dem Grundsatz: Der Klügere gibt eben nicht immer nach! Das "Kommenlassen" der Skandinavier brachte nämlich andererseits taktische Vorteile, nämlich für das Konterspiel. Thom - von den Schweden nicht zu stellen - mit Abstrichen Ernst und der später immer mehr riskierende Doll waren dafür wie geschaffen. Dolls "Tänzchen", das er mit drei Verteidigern vollführte, endete mit einer Maßflanke auf Thom, der gekonnt einköpfte und damit den letzten Rest eventuellen unguten Gefühls beseitigte. Ein plazierter, sehenswerter Freistoß von Ernst machte den 20. EC-Sieg der besseren Elf perfekt.

Jürgen Bogs war alles in allem zufrieden. Kritisch sah er: "zeitweilige Unstimmigkeiten im Spiel. Sie resultierten aus unserem neuen System, vier Abwehrspieler vor dem Libero. Die Raum-Mann-Deckung funktionierte noch nicht hundertprozentig. Das braucht Zeit. Beim Gegentor traf unsere Abwehr, auf Abseits spielend, zu spät heraus." Agne Simonsson über den BFC: "Schnell, laufstark, gute Pässe, starke Konter." Und zu seiner Elf: "Wir haben nicht gezeigt, was wir eigentlich können." Der jederzeit zu einem Spaß aufgelegte Trainer nahm es dann auch nicht so tragisch, als er an das ausbleibende EC-Präsent zum Klubjubiläum erinnert wurde. "Wir spielen doch in der Oberliga, ist das nichts?!" Europacup ohne Verbissenheit. Ein bißchen Jux muß sein.


BFC Dynamo:
Rudwaleit; Rohde; Ksienzyk, B. Schulz (46. Trieloff), Reich, Fügner; Backs, Ernst (84. M. Schulz); Pastor, Doll, Thom
Örgryte IS Göteborg:
Andersson; Prytz, Engquist, Karlsson, Ramstedt; Samuelsson, McIlroy, Aberg, Limpar (76. Esberg), Oloffson; Hellström (81. Juntunen)

1:0 Pastor             (10.)
2:0 Backs              (26.)
2:1 Hellström          (35.)
3:1 Thom               (65.)
4:1 Ernst              (83.)

Schiedsrichter:        Röthlisberger (Schweiz)
Zuschauer:             15.000

Joachim Pfitzner, Neue Fußballwoche, 08.10.1986