Europacup der Landesmeister 1986/87 - 1. Runde Hinspiel: Örgryte IS Göteborg - BFC Dynamo 2:3

Drei Stürmer - drei Treffer!
Der erfolgreiche Auftritt unseres Meisters, der sich nach einer Pause von 14 Jahren (2:0 Atvidaberg FF) wieder im EC in Schweden vorstellte, löste in der heimischen Presse ein positives Echo aus. "Ein leidenschaftliches, aber fair und ritterlich geführtes Match. Im Dauerregen beeindruckte der Schlußspurt der Dynamos", schrieb "Göteborgs Posten". Und "Svenska Dagbladet" schrieb: "Örgryte reagierte zwar im Mittelfeld, aber die bessere Abwehr und die giftigeren, torgefährlicheren Stürmer besaßen die Berliner." Keine Frage, eine verdiente Anerkennung für die Dynamos, deren Auswärtserfolg - Beleg ihrer Moral, ihrer Zähigkeit und Willensstärke - durchaus Gewicht besitzt. "Unsere Mannschaft nähert sich jetzt immer mehr ihrer Bestform vom Vorjahr." Die Prognose von Trainer Agne Simonsson, dessen Arbeit im Frühjahr durch permanente Verletzungsausfälle problemgeladen war, bestätigte Schwedens Titelträger, der so gar nicht schwedisch, also kantig, trocken, kühl zu Werke ging, nachdrücklich.

Vor der lange Zeit sehr kompakt wirkenden Abwehr, in der durchweg Recken mit Gardemaß standen, spielten die beweglichen, antrittsschnellen Samuelsson, Limpar, McIlroy und Hellström fast mit südländischem Temperament auf. Dank des umsichtig-aufopferungsvollen Abwehrverhaltens der Berliner, die nur in den 30 Minuten nach der Pause einen "Hänger" hatten, "ungeordnet und überhastet reagierten, aber nicht agierten", so Trainerassistent Joachim Hall, blieb ihre Wirkung in Grenzen. Sowohl nach Toren wie Chancen, "von denen wir uns die weitaus klareren erarbeiteten", meinte Andreas Thom, eingedenk der Möglichkeiten von Ernst (42.) und Pastor (85.), besaßen die Gäste Vorteile. Unübersehbar jedoch die Unruhe, ja Verkrampfung bei manchem (Backs, B. Schulz), die auf Kosten der Ballsicherheit ging, in eine überstürzte Zweikampfführung mündete. Problematisch auch das Unterzahlverhältnis von zwei (Backs, Ernst) zu vier im Mittelfeld,

"in dem wir phasenweise nicht variabel und beweglich genug operierten, auch zu spät mit den Außendeckern heraustraten", merkte Jürgen Bogs an. Imponierend, in welcher Manier die Dynamos ihre kritischste Phase, die nach dem 1:2, meisterten, energisch und leidenschaftlich noch das Spiel in ihre Richtung beeinflußten. "Der BFC schockte uns zweimal im richtigen Moment", gestand danach Sammy McIlroy, der seine riesige Auswahl- (88mal für Nordirland) wie EC-Erfahrung (10 Jahre bei Manchester United) nicht wie erhofft ausspielen konnte. Er meinte damit den 25-m-Knaller von Pastor, der nicht nur den 1,93-Hünen Andersson überraschte, sowie das 2:2 nach der großartigen Stafette über Ksienzyk-Pastor-Ernst-Doll-Thom. Einen Zug zuvor nämlich hatte der herausragende Limpar, allein durchlaufend, das 3:1 auf dem Fuß. Aber auch er scheiterte an Rudwaleit, neben dem fehlerlos agierenden Rohde eine weitere Stütze beim Sieger,

in dessen Reihen nicht zuletzt die EC-Neulinge Akzente zu setzen wußten. Frappierend die besonnene Partie von Reich. Fügner legte bald seine Nervosität ab, und Doll, später wie Thom kaum noch zu stellen, bedankte sich für die Maßflanke von M. Schulz mit einem prachtvollen Siegestor. Damit schloß sich der Reigen, wurde der Mut, die Risikobereitschaft mit drei Stürmern antretend, mit drei Toren belohnt. Bleibt nur die Hoffnung, über das nun anstehende EC-Jubiläum, über das 50., für das ein sichres Fundament gelegt wurde, geht es noch weiter hinaus. keiner hätte wohl in unseren Breiten etwas dagegen, es ginge soweit wie nach den Partien gegen Atvidaberg vor 14 Jahren. damals wurden die Dynamos erst im Halbfinale vom Moskauer Namensvetter gestoppt!


Örgryte IS Göteborg:
Andersson; Prytz, Ramstedt, Olsson, Gidebratt; Samuelsson, McIlroy, Aberg, Limpar; Mardindahl, Hellström
BFC Dynamo:
Rudwaleit; Rohde; Ksienzyk, B. Schulz, Reich, Fügner; Backs (76. Trieloff), Ernst (88. M. Schulz); Pastor, Doll, Thom

0:1 Pastor             (19.)
1:1 Hellström          (62.)
2:1 Samuelsson         (70.)
2:2 Thom               (76.)
2:3 Doll               (89.)

Schiedsrichter:        Blankenstein (Niederlande)
Zuschauer:             6.000

Klaus Thiemann, Neue Fußballwoche, 23.09.1986