Europacup der Landesmeister 1984/85 - Achtelfinale Rückspiel: FK Austria Memphis Wien - BFC Dynamo 2:1

Chance(n) leider nicht genutzt
Nach dem Scheitern von Linz (1:5 Dundee United) und Rapid (0:3 Celtic Glasgow) wurden die "Veilchen", nun der einzige EC-Vertreter Österreichs, dementsprechend von der Wiener Presse gefeiert. "Die Austria ist so stark wie 1977/78, als sie im EC-Finale stand", lobte die "Kronenzeitung", und der "Kurier" schrieb: "Die Violetten, oft als launische Diva verschrien, straften in diesem hochdramatischen Fight, der von ihnen das Letzte auch an Kampfgeist forderte, alle Kritiker lügen." Trainer Thomas Parits, der 38jährige, seit Beginn der Serie erst im Amt, bezeichnete diesen Erfolg als "den bisher wertvollsten in meiner Trainerlaufbahn. Die Mannschaft aber übertraf sich diesmal in kämpferischer Hinsicht beinahe selbst."

Keine Frage, hinter dieser Feststellung steckt auch viel Achtung vor der Leistung des BFC Dynamo, "der enorme moralische Qualitäten bewies", bekannte Kapitän Herbert Prohaska. Trotz zweimaligen Rückstandes, jeweils in den ungünstigsten Augenblicken, kämpften die Berliner bis zum Schluß mit Zähigkeit und großer Entschlossenheit um ihre Chance. Zuerst steckte der BFC den mehr als zweifelhaften Strafstoß weg, "der vorentscheidenden Charakter trug, sofort unser Konzept veränderte", urteilte der Vorsitzende Manfred Kirste. Dabei fiel Keizer auf einen spektakulären "Faller" von Polster herein, während er später das Einsteigen von Koncilia gegen Pastor (57.) völlig negierte! Beim zweiten Rückschlag aber stand die Dynamo-Abwehr, die sich nach anfänglichen Problemen sichtlich stabilisiert hatte, eindeutig Pate.

Der Freistoß, den Obermayer aus der eigenen Hälfte in den Berliner Strafraum wuchtete, hätte aufgrund der Überzahl "entschärft" werden müssen. Statt dessen servierte Rath durch eine mißglückte Abwehr Nyilasi das Leder maßgerecht auf den Fuß: 2:1. Das war bitter für unseren Meister, der, aufgepulvert durch das prächtige Trieloff-Tor, gerade in dieser Phase das Geschehen in den Griff zu bekommen schien, mit präzisen, weiträumigen Aktionen endlich auch mehr Wirkung erzielte. Unübersehbar jedoch auch in dieser, wohl der besten Zeit: die Dynamos kannten zwar keine kämpferisch-moralischen Probleme, wohl aber mannschaftlich-spielerische. Dabei wirkte sich der Zug von Jürgen Bogs mit Rohde als Libero auf Anhieb und Trieloff als Mittelfeldakteur nach Anlaufschwierigkeiten positiv aus.

Außerdem erwies sich Kapitän Rudwaleit als echter Rückhalt. Glänzend seine Reaktion bei den Schüssen von Polster (23.) und Zore (57.), die er noch ans Holz lenkte. Aber: Beide Außenverteidiger (Rath, Ullrich), die dann Polster und Steinkogler erstaunlich gut in den Griff bekamen, setzten nach vorn kaum Akzente. Im Mittelfeld wiederum konnten sich eben nur Thom, "der von Beginn an pfiffig auftrumpfte", lobte Trainerassistent Joachim Hall, und Trieloff lösen, für Impulse und überraschende Züge sorgen. Vorn jedoch, wo Pastor später merklich auftauchte, unerhört zog, konnte sich Ernst kaum einmal von Türmer lösen, erzielte über eine Stunde lang viel zuwenig Torgefährlichkeit. "Dennoch hätten wir das Spiel noch drehen können."

Auch Jürgen Bogs erklärte das unumwunden nach der von Einsatzhärte, Dynamik und Dramatik geprägten Partie, "die im zweiten Abschnitt enorm an Tempo und Qualität gewann", bemerkte Österreichs Auswahlchef Erich Hof. Das war in der Tat so! Denn trotz spielerischer Vorteile, trotz aller Tricks und Kniffe der ausgefuchsten Prohaska, Nyilasi, Obermayer oder Koncilia, "der uns von einer noch stärkeren Zuspitzung bewahrte", lobte Josef Degeorgi, erarbeiteten sich nämlich die Berliner die weitaus klareren Möglichkeiten. So hatte Pastor kurz vor der Pause eine große Chance, ließ jedoch den Ball zu weit von der Brust fallen, und schließlich wußte Ernst seine Chancen (73./81.) nicht zu nutzen. Zweimal stand er völlig frei vor Koncilia und bewahrte - wie schon beim 3:3 in Berlin - nicht kaltes Blut. Bedauerlich, denn diese Austria-Elf wäre bei entsprechender Konzentration (Form) wohl leichter als Aberdeen zu eliminieren gewesen!

FK Austria Memphis Wien:
Koncilia; Obermayer; Dihanich, Türmer, Baumeister (35. Zore); Degeorgi, Mustedaganic, Prohaska; Nyilasi, Polster, Steinkogler
BFC Dynamo:
Rudwaleit; Rohde; Rath, Troppa, Ullrich; Terletzki (70. Ksienzyk), Trieloff, Thom, Backs; Pastor, Ernst

1:0 Prohaska           ( 5., Foulstrafstoß)
1:1 Trieloff           (46.)
2:1 Nyilasi            (65.)

Schiedsrichter:        Keizer (Niederlande)
Zuschauer:             8.000

Klaus Thiemann, Neue Fußballwoche, 13.11.1984