Europacup der Landesmeister 1983/84 - Achtelfinale Hinspiel: BFC Dynamo - FK Partizan Belgrad 2:0

2:0 - das müßte doch zu machen sein...
Ein drittes Tor hätte fallen müssen! Jürgen Bogs, der BFC-Trainer, sagte es, die Spieler unseres Meisters ebenso, und auch auf den Rängen verband sich mit der Diskussion über die Höhe des Berliner Sieges die Mutmaßung, ob das 2:0 eine solide Empfehlung für den sicherlich heißen Belgrader Abend des 2. November ist oder nicht. Gewiß, mit einem Drei-Tore-Vorsprung würde es sich im 90.000-Zuschauerkessel des FK Roter Stern - dorthin will Partizan ausweichen - ruhiger spielen lassen, doch andererseits "ist ein 2:0 im Europapokal ein sowohl für den Gewinner gutes als auch für den Verlierer ungünstiges Resultat", wie Milutin Soskic, einst Nationaltorwart und heute Trainerassistent bei Partizan, äußerte. Der BFC sollte deshalb nicht unzufrieden sein. Seine konzentrierte Leistung, in der ersten Halbzeit spielerisch ansehenswert unterstrichen und durch zwei Treffer belohnt, ließ den neunmaligen jugoslawischen Meister nicht zu seinem angestrebten Ziel gelangen, im Jahn-Sportpark unbedingt ein Tor zu erzielen.

"Das hätte uns natürlich optimistischer gestimmt", meinte der 33jährige Kapitän Momcilo Vukotic, der seine jungen Angriffs-Nebenleute Mance und Prekazi, die 60 Prozent der Partizan-Torschüsse auf ihr Konto brachten (darunter ein kapitaler Pfostenschuß Prekazis), umsichtig zu dirigieren suchte. Die Ankündigung Partizans als Elf der Talente, die den Offensivfußball bevorzugt, war nicht hochgestapelt. Auch Jürgen Bogs hatte gut beobachtet: "Ausgefeilte Technik und etliche Dribbelkünstler, die allerdings die Ballverliebtheit etwas übertrieben." Von all dem konnte man sich überzeugen. Im fleißigen Mittelfeld - Smajic forderte Terletzki ein hohes Pensum ab - kam freilich auch viel "brotlose Kunst" dem BFC entgegen, denkt man an Dimitrijevic, di "8", vierfacher Torschütze beim 5:1 in der ersten EC-Runde gegen Stavanger, der die Dribbelei übertrieb.

Kritisch muß sich unser Meister selbst anmerken, daß er nach der Pause den Kräfte- und Konzentrationsschwund der Gäste nicht mit spielerisch abgeklärten Aktionen zu bestrafen verstand. Den Fighterstil bei hohem Tempo gleichförmig bei nahezu allen Angriffen beibehalten zu haben, war eine taktische Unzulänglichkeit. Etliche Flanken von Götz, Backs, Terletzki kamen zu hastig und ungenau zumeist in den Rücken der vor dem Tor Lauernden, deren Staffelung allerdings auch nicht gerade lehrbuchmäßig war. Dabei hatte Partizan im Deckungszentrum Sorgen. Radanovic hatte nur den Namen "Ernst" im Kopf, und Kalicanin, der Libero wurde wohl das Gefühl nicht los, am berühmteren Stojkovic (26mal A und im EM-Spiel mit Norwegen verletzt) gemessen zu werden. Das BFC-Spiel lebte vor allem von Troppas gleichermaßen sicheren wie angriffsvorbereitenden Partie, vom fußballerischen Gespür Ernsts und von einigen entschlossenen Dribblings á la Netz.

Eines davon leitete das 2:0 ein. Umsichtig auch Rohde. Vom Siegeswillen und beispielhafter Einsatzbereitschaft war niemand im weinroten Dreß ausgenommen, wohl aber wechselten bei manchem Aktiven Licht und Schatten (Ullrich, Schulz, Backs, Terletzki, Götz). Das betraf die Zuspielpräzision, die Fähigkeit, Flugbälle genau in die freien Räume zu schlagen und das Nutzen der Chancen. Mindestens dreimal versagte Götz aus Nahdistanz in relativ unkomplizierten Situationen. Das aber was schwer war, nämlich nach Terletzkis Freistoß mit Direktschuß treffen, meisterte der junge Stürmer dagegen schon nach 57 Sekunden gekonnt. Fazit: Ein temperamentvolles, interessantes, spannendes EC-Treffen. "Das Niveau wurde internationalen Ansprüchen gerecht", so Trainer Bogs. Kaum jemand wird ihm widersprechen wollen.

BFC Dynamo:
Rudwaleit; Rohde; Schlegel, Troppa, Ullrich; Schulz, Terletzki, Backs; Götz (84. Sträßer), Ernst, Netz
FK Partizan Belgrad:
Stojic; Kalicanin; Rojevic (46. Salja), Radanovic, Masic; Dimitrijevic, Smajic, Jesic; Mance, Vukotic (67. Martinovic), Prekazi

1:0 Götz               ( 1.)
2:0 Ernst              (38.)

Schiedsrichter:        Juschka (UdSSR)
Zuschauer:             19.500


Joachim Pfitzner, Neue Fußballwoche, 25.10.1983