Europacup der Landesmeister 1982/83 - 1. Runde Rückspiel: Hamburger SV - BFC Dynamo 2:0

Nur die Abwehr bot ihre gewohnte Leistungsnorm
Der Trainer einer Mannschaft, die gewonnen hat, in die nächste Runde des Europapokals einzieht, kann sich bei der sich dem Spiel anschließenden Pressekonferenz kurz fassen. HSV-Chef Ernst Happel machte da keine Ausnahme: "Wir haben 2:0 gewonnen, meine Mannschaft, die voll auf Angriff programmiert war, hat ihr Bestes über die 90 Minuten gegeben. Insgesamt war es aus meiner Sicht ein sehr unterhaltendes und schnelles Spiel." BFC-Trainer Jürgen Bogs mußte da schon ein wenig weiter ausholen. Er kam als erstes auf die Taktik seiner Mannschaft zu sprechen, "die in der ersten Halbzeit gar nicht aufgegangen ist". Das Problem, das Jürgen Bogs am meisten berührte, war mit den Vorstößen von Außenverteidiger Kaltz verbunden.

Der Auswahlspieler der BRD nutzte die ihm angebotenen Räume auf dem rechten Flügel zu pausenlosen Sturmläufen mit anschließenden Flanken in Richtung Mittelstürmer Hrubesch. Ernst, der sich Kaltz zumeist entgegenwarf, sah da nicht nur einmal schlecht aus. Man muß dem jungen Mann aber auch zugute halten, daß dieser taktische Fehler auf BFC-Seite eigentlich gar nicht hätte passieren dürfen, zumindest aber schon vor dem Wechsel hätte behoben werden müssen. Gerade Kaltz und Hrubesch zwangen in Gemeinschaftsarbeit Rudwaleit zu mancher Parade und nur dem "Langen" im BFC-Tor war es zu danken, daß diese Begegnung eigentlich bis zur 87. Minute vom Ergebnis her offengehalten werden konnte.

Daß der Gast von den Spielanteilen klare Nachteile hatte, lag auch daran, daß einigen seiner jungen Akteure doch die internationale Erfahrung fehlte. Von Ernst war schon die Rede, auch Schulz und Backs fanden sich nicht wie gewohnt zurecht. "Der Gegner spielte abgeklärter als wir", kommentierte beispielsweise Backs, "ließ sich weit weniger beeindrucken". Eine halbe Stunde lang gelang das dem BFC zumindest phasenweise. Dann nämlich, wenn die Räume, die den Berlinern auf Grund des fast permanenten Anrennens des HSV geboten wurden, auch energisch und zielstrebig zum Aufbau eigener Sturmläufe genutzt wurden. Daß sich hier einmal mehr Riediger in den Vordergrund schob, liegt in der Natur der Sache.

Sein Sprintvermögen lobte der ehemalige BRD-Auswahlspieler Willy Schulz schon in der Pause. "Wenn der Rechtsaußen mit Schwung aus der Tiefe kommt, möchte ich auch nicht gegen ihn abwehren." Die HSV-Deckung sah so gerade in den ersten 30 Minuten nicht immer sattelfest aus. Da hatte der BFC seine Chance, nicht nur ein gutes Resultat zu machen, sondern möglicherweise auch für eine Überraschung in der Gesamtabrechnung zu sorgen. Später wurde das immer schwieriger, weil der HSV spielsicher und energiegeladen angriff, die Berliner fast nur noch in der Deckung band.

Hier agierten Trieloff, Troppa und später Ullrich recht zuverlässig, fanden aber unter dem Dauerdruck des Gastgebers kaum Möglichkeiten, sich einmal in die Offensive zu schieben. Der Raum zwischen der Abwehr des BFC und seiner Spitze Riediger - Schulz konnte diese Funktion eigentlich niemals während des ganzen Spiels ausfüllen - wurde immer größer, Entlastungsangriffe immer seltener. Die Chancen des HSV häuften sich. In der 52. Minute rettete Rudwaleit gegen den allein vor ihm auftauchenden Hartwig. Vier Minuten später lief Magath am rechten Flügel durch, Hrubesch sprintete in die Eingabe, verpaßte allerdings um Sekundenbruchteile.

Dann war Kaltz in der 61. Minute wieder einmal am rechten Flügel aufgetaucht, seine Eingabe wuchtete Hrubesch auf das BFC-Tor, mit stoischer Ruhe war aber Rudwaleit einmal mehr zur Stelle. "In dieser Phase wollten wir unbedingt das zweite Tor machen", so Milewski später. Man spürte förmlich, daß der HSV, eine Verlängerung fürchtend, etwa 15 Minuten vor dem Abpfiff dann nicht mehr so ungestüm zu Werke ging, hier und da doch einen Sicherheitsfaktor einbaute. Das erkannte der BFC. Er versuchte in der Schlußphase mit den frischen Netz und Schlegel noch einmal für Druck zu sorgen, und selbst Trieloff tauchte da im HSV-Strafraum auf. Aber es reichte am Ende weder zum Remis noch zum Einzug in die nächste Runde.

Hamburger SV:
Stein; Hieronymus; Jakobs, Wehmeyer; Kaltz, van Heesen (65. Groh), Hartwig, Magath; Milewski, Bastrup, Hrubesch
BFC Dynamo:
Rudwaleit; Trieloff; Noack, Troppa, Ullrich; Terletzki, Rohde, Backs, Ernst (65. Netz); Schulz (78. Schlegel), Riediger

1:0 Hartwig            (33.)
2:0 Hrubesch           (87.)

Schiedsrichter:        Hackett (England)
Zuschauer:             35.000

Rainer Nachtigall, Neue Fußballwoche, 05.10.1982