Europacup der Landesmeister 1979/80 - 1. Runde Rückspiel: Ruch Corzow - BFC Dynamo 0:0

Vorbildlicher Einsatz sicherte Unentschieden / DDR-Meister behielt 90 Minuten Ruhe und Übersicht
In einem abwechslungsreichen Spiel von durchaus internationalem Format erreichte DDR-Meister BFC Dynamo am Mittwochabend vor 10.000 Zuschauern bei Polens Titelträger Ruch Chorzow ein verdientes torloses Remis und zog damit nach einem 4:1-Heimerfolg vor 14 Tagen in die zweite Runde ein. Der BFC bestätigte, daß er in seinem Meisterschaftsjahr gereift ist, schwere internationale Auswärtsprüfungen zu bestehen. Die Konzeption, der zu erwartenden Anfangsoffensive von Chorzow mit Ruhe und Übersicht zu begegnen und aus einer sicheren Abwehr über das Mittelfeld und die Angriffsspitzen für ständige Entlastung und selbst für Druck und Torgefahr zu sorgen, ging auf.

Chorzow hatte vielleicht optische Vorteile, doch bei der Endabrechnung ergaben sich für die Gäste kaum weniger Tormöglichkeiten als für die Gastgeber. Zwei gute Torhüter und auf beiden Seiten mehrmals Pfosten und Latte verhinderten ein Resultat, das auch 2:2 hätte lauten können. Für die Gastgeber konnte es nur eine Devise geben: Alles auf eine Karte setzen, um mit voller Offensive eventuell doch noch das Blatt zu wenden. So begann Ruch mit dem Anpfiff auch wie die Feuerwehr, stürmte in den ersten Minuten mit sieben und acht Feldspielern auf das Dynamo-Tor. Doch die Berliner ließen sich nicht einschnüren. Dann aber gab es für sie doch eine kritische Phase.

Torhüter Bodo Rudwaleit, ansonsten sehr zuverlässig, ließ in der 13. Minute bei einem Abschlag unmotiviert den Ball fallen, und Mikul hätte fast das 1:0 erzielt. Danach stand die Dynamo-Abwehr minutenlang unter Druck, und Mikul traf in der 15. Minute nur den Pfosten. Doch der BFC fing sich recht schnell und hatte dann bis zum Pausenpfiff nicht weniger verheißungsvolle Situationen als der polnische Meister. Brillat nach einer Freistoß-Ablage von Terletzki prüfte Bolesta auf Herz und Nieren (25.), Sträßer verfehlte mit einem Kopfball nur um Zentimeter das polnische Tor (28.), Riediger traf in der 35. Minute nur den Pfosten, und noch einmal Sträßer (40.) zwang den Ruch-Torhüter zu einer großen Parade.

Die zweite Halbzeit verlief ähnlich wie die ersten 45 Minuten. Wieder begann Chorzow mit großem Tempo und versuchte ein schnelles Tor zu erzielen, aber erneut verhinderte die Dynamo-Mannschaft mit vorbildlichem Einsatz und imponierender Übersicht, vor allem durch die engere Abwehr, einen Rückstand. So waren auch in der zweiten Spielhälfte die echten Torchancen verteilt. Malnowicz verfehlte in der 67. Minute knapp das Tor. Eine Minute später traf Bunzol mit einem Freistoß nur die Latte. Und noch einmal rettete das Holz für Bodo Rudwaleit in der 81. Minute, als Kajyrs nur an den Pfosten schoß.

Andererseits hatten aber auch Sträßer (79. und 83.), Netz (81.) sowie Terletzki (88.), der bei einem Freistoß nur den Dreiangel traf, verheißungsvolle Möglichkeiten. BFC-Cheftrainer Dr. Dieter Fuchs lobte nach den 90 Minuten vor den Journalisten seine Mannschaft für ihre hohe Einsatzbereitschaft. Er bezeichnete die Begegnung als international insgesamt recht ansprechend. Ihm pflichtete der polnische Trainer Leszek Jezierski bei. Er zollte dem BFC für seine clevere Auswärtspartie gleichfalls Anerkennung und bemerkte, daß auch der nächste Gegner der Berliner, der am Freitag bei der Auslosung in Zürich ermittelt wird, es sehr schwer haben wird, sich gegen den BFC durchzusetzen.

Ruch Chorzow:
Bolesta; Piechaczek; Malcher, Jakubczyk, Walot; Lorenz, Kajyrs, Bunzol; Malnowicz, Mikulski, Benigier (60. Grzybowski)
BFC Dynamo:
Rudwaleit; Trieloff; Noack, Troppa, Artur Ullrich; Terletzki, Brillat, Sträßer; Riediger, Pelka, Netz

Schiedsrichter:        Sergejenko (UdSSR)
Zuschauer:             10.000

Max Schlosser, Neues Deutschland, 04.10.1979