UEFA-Cup 1972/73 - Achtelfinale Hinspiel: BFC Dynamo - FC Liverpool 0:0

BFC überlegen, doch kein Treffer / 0:0 gegen den FC Liverpool / Englische Gäste in Nöten
Im ersten Achtelfinale des UEFA-Pokalwettbewerbs trennten sich am Mittwochnachmittag der BFC Dynamo und der FC Liverpool vor 20.000 Zuschauern 0:0. Das Rückspiel in England findet am 13, Dezember statt. Dieses Resultat gegen den Spitzenreiter der höchsten englischen Spielklasse nimmt sich nicht schlecht aus. Und doch war für den BFC an diesem Tag noch mehr drin. Der Favorit aus Liverpool hätte bezwungen werden können. Man kann den Berlinern bestätigen, daß sie mit Eifer und Einsatzfreude versuchten, das Spiel und den Kontrahenten in den Griff zu bekommen. Sie hatten in beiden Halbzeiten vor allem gute Anfangsphasen, in denen Liverpool einige Male in Verlegenheit gebracht wurde.

Der krönende Abschluß aber blieb aus. Und es gelang auch nicht, einen gleichmäßigen Rhythmus über die gesamte Spielzeit zu finden. So hatte der BFC optisch zwar wesentlich mehr Spielanteile als Liverpool, und auch das Eckenverhältnis lautete 10:2 für die Berliner, doch am Schluß der insgesamt fairen Partie war wohl die Rechnung der Gäste aufgegangen. Das hatte mehrere Ursachen. Der amtierende BFC-Trainer Günter Schröter sah sie vor allem darin, daß beim Abschluß der Angriffsaktionen Übersicht und Abgeklärtheit fehlten. Einige BFC-Spieler zeigten auch zuviel Respekt vor ihrem namhaften Kontrahenten. Das betrifft vor allem Netz als Sturmspitze und Terletzki im Mittelfeld, der auch mit seinen ansonsten gefürchteten Freistößen diesmal keine Wirkung erzielte.

Die Devise, den Ball flach zu halten, wurde oft nicht berücksichtigt. Vor allem in den ersten 45 Minuten, als die Gastgeber gegen den Wind spielten, war mit hoch nach vorn geschlagenen Bällen bei den kopfballstarken Engländern nichts auszurichten. Lindsay und Shorton behielten stets die Übersicht. Gute Leistungen von Stumpf, Peter Rohde, Brillat, Filohn und Schulenberg reichten so nicht aus, Liverpool in die Knie zu zwingen, zumal auch das Verhältnis zwischen ernst gemeinten Schußversuchen (20) und Nutzeffekt nicht übereinstimmten. Die englischen Profis sind - wie gesagt - mit dem Ergebnis zufrieden. Sie blieben an diesem Tage jedoch Ihrem guten Ruf eine Menge schuldig.

So war auch Trainer Bill Shankly zwar mit dem Resultat, aber nicht mit der Leistung seiner Schützlinge, insbesondere der der Mittelfeldspieler Hughes und Cormack sowie des Waliser Nationalspielers Toshack im Angriff, zufrieden. Auch der mit viel Vorschußlorbeeren bedachte Torjäger Keegan, den Filohn gut bewachte, konnte sich bis zu seiner Auswechslung zur Halbzeit (Verletzung) bis auf einen gefährlichen Kopfball kaum in Szene setzen. Liverpool stützte sich von Anfang an auf eine dichtgestaffelte Deckung. Die bessere Ausgangsposition für das Rückspiel haben die Engländer. Sie verkündeten nach Ihrer keineswegs überzeugenden Partie in Berlin, daß sie zu Hause an der Anfield Road ganz anders auftrumpfen werden. Das sollte allerdings den BFC nicht veranlassen, vorzeitig die Flinte ins Korn zu werfen.

BFC Dynamo:
Lihsa; Stumpf; Brillat, Filohn, Hübner; P. Rohde, Terletzki, Schütze; Schulenberg, Netz (78. Schwierske), Johannsen
FC Liverpool:
Clemence; Lawler; Lindsay, Shorton, Lloyd; Hughes, Keegan (46. Hall), Cormack, Heighway, Toshack, Calaghan

Schiedsrichter:        Saridana (Türkei)
Zuschauer:             20.000

Max Schlosser, Neues Deutschland, 30.11.1972