Europacup der Pokalsieger 1971/72 - Achtelfinale Rückspiel: BFC Dynamo - VAV Beerschot Antwerpen 3:1

Mit klaren Siegen eine Runde weiter / BFC sicherte sich den Einzug unter die letzten acht Mannschaften im Pokalsiegerwettbewerb
Wenn die Berliner in den letzten Jahren zu Europacup-Spielen in den Jahn-Sportpark kamen, wurden sie stets auf die Folter gespannt. Das war beim FC Vorwärts so, wobei nur an das dramatische Elmeter-Duell gegen Benfica Lissabon erinnert sei. Das traf auch für den BFC Dynamo zu, der hier vor einigen Wochen gegen Cardiff City eine magere Partie bot, erst im Rückspiel sein wahres Können zeigte und das Steuer noch herumriß. Diesmal aber kamen die Fußballanhänger beruhigt in das Stadion.

Der BFC startete mit einem aus Antwerpen mitgebrachten 3:1-Vorsprung gegen die belgische Elf von VAV Beerschot in die zweite Hälfte des Achtelfinales im Pokalsiegerwettbewerb der UEFA. Vor 8.000 Zuschauern - unter ihnen der Kandidat des Politbüros Erich Mielke und das Mitglied des Sekretariats des ZK Horst Dohlus - ging der Gastgeber betont abwartend in den Kampf. Er versuchte das Leder in den eigenen Reihen zu halten, um den Kontrahenten keine Chance zu geben. Allerdings spürt man bei den Berlinern die innere Unruhe, das Wissen, noch nicht am Ziel zu sein.

Dennoch bot sich schon in der Anfangsphase eine große Chance. Doch der Schuß von Schütze ging haarscharf am langen Pfosten vorbei. Dann zeigte der BFC, daß er mit Terletzki und Becker zwei Freistoßspezialisten in seinen Reihen hat. Zunächst konnte einer dieser Freistöße in der 23. Minute von Terletzki nur mit großer Mühe vom belgischen Torwart gemeistert werden. Zwei Minuten später trat Becker einen Freistoß von der gleichen Stelle aus. Diesmal kam Johannsen nach einem Gedränge an das Leder und vollendete aus Nahdistanz. Damit war die Partie bereits entschieden.

Das Aufbäumen der Gäste in der ersten Viertelstunde wurde mehr und mehr erstickt. Dynamo diktierte eindeutig das Geschehen. Labes, der in Antwerpen der Vorbereiter aller drei Treffer war, hatte diesmal mit Baré einen Sonderbewacher erhalten, der den jungen Berliner hautnah deckte. Dennoch konnte Labes in der 74. Minute für seine Mannschaft auf 2:0 erhöhen. Dieser Treffer glich dem ersten wie ein Ei dem anderen. Auch diesmal brauchte der Ball aus Nahdistanz nur noch über die Linie gestoßen zu werden. Diese klare Führung verführte die Dynamo-Deckung zu einer Lässigkeit, die Beerschot postwendend mit dem Anschlußtreffer bestrafte.

Doch änderte dies nichts am Geschehen. Beim ständigen Nieselregen, der den Rasen rutschig machte, kamen die Berliner immer stärker heraus. Becker krönte dann seine Leistung, als er fünf Minuten vor dem Abpfiff aus 25 Meter Entfernung einen Freistoß an den linken Innenpfosten setzte, von dem das Leder ins Netz sprang. Ein herrlicher Schuß, an dem es nichts zu halten gab. Sicherlich gibt es bei strengem Maßstab einiges an der spielerischen Leistung auszusetzen. Aber Dynamo brauchte in dieser Begegnung nicht mehr zu tun. Auf jeden Fall befindet sich der BFC im Europacup der Pokalsieger un unter den letzten acht.

BFC Dynamo:
Lihsa; Carow; Stumpf, Trümpler, Hall; Terletzki, P. Rohde, Becker; Johannsen, Schütze, Labes
VAV Beerschot Antwerpen:
Brosch; Dalving; Coclet (57. Kasprzak), Baré, van Gucht; van Opdorp, Stroybant, Houben; Suykerbuyk, Tolsa, Mallants

1:0 Johannsen          (25.)
2:0 Labes              (74.)
2:1 Kasprzak           (76.)
3:1 Becker             (85.)

Schiedsrichter:        Nielsen (Dänemark)
Zuschauer:             8.000

Rolf Gabriel, Neues Deutschland, 04.11.1971