____ HfBK Dresden, Oktogon

5. 04. 01 - 05. 05. 01
Öffnungszeiten: Di-So, 11-18 Uhr

www.hfbk-dresden.de

Workshop/ Seminar "Affairen mit Apparaten"
18. 04. - 27. 07. 01
www.projektklasse.de
 
 
 
Pentagon OST
Oktogon
Pentagon SUED
 


Pentagon OST
Amme2, Itsabouts
 
 
 
Itsabouts
 
 
 
 
Oktogon MITTE (Asservatenraum)
oben
 
 
 
unten, interaktiv, tot
fern (3 x 2)
 
 
 
unten, interaktiv, tot
interaktiv
 
Flat
 
 
tot
 
Pentagon SÜD
Amme3, Beweistücher
Code 1:100
 
Bügeln
Beweistuch
> "Liebe Amme bitte gib
mir die Milch!"
"ich gebe
gerne
gerne
gerne
(Vorsehen!)"
AmmenCode 1:100
 
 
 
 
 

  Fotos:
Chavakis (6)
HfBK (1)
Dittmer (Rest)




P r e s s e t e x t

Peter Dittmer - SCHALTEN UND WALTEN
[Die Amme Die Amme2 Die Amme3] 
Simulation renitenter Misanthropie
mittels einer sprachbegabten, computerbasierten
Verweigerungsmaschinerie, die einem lapidaren,
aber als künstlerisch deklariertem (schönen)
Vorgang vorgelagert ist, um dessen Vollzug zwar
einerseits grundsätzlich zu ermöglichen, aber
letztlich zugunsten erleichterter Kunstlosigkeit
im Regelfall doch zu verhindern.
Barriere.



Die Amme insgesamt: eine komplex verkabelte und somit auf reichlich Funktionalität deutende maschinelle Anordnung. 
In ihrem Zentrum: eine Vitrine, darin ein Tisch, darauf ein Glas, mit Milch gefüllt, darunter Pumpen, Motoren, Lautsprecher und weitere elektrische Vorkehrungen. 
An der Bedienerperipherie: zwei Monitore, davor eine Tastatur. 
Die Arbeit also ohne Zweifel: interaktiv. 

Und also das Publikum: an der Tastatur, per Texteingabe mit der Maschine im Dialog. 

Die Wechselrede: gewöhnlich emotional geladen; d.h. das Publikum spricht die Amme an, drängt, droht, barmt und bettelt, versucht zu überzeugen, schmeichelt (vergeblich), flucht (umsonst und nacheinander und zugleich), erpresst mit Steckerziehen und Stromentzug, zieht forsch ins logische Kalkül und will und kriegt doch (meist) nicht, was es wünscht. 

Der Wunsch: die Amme könnte, würde sie sich denn auf ihre Funktion besinnen, das zentrale Glas in Bewegung setzen, so zum Kippen bringen und ganz umwerfen und also die Milch über dem Tisch verplempern und somit ihrem Namen - irgendwie - gerecht werden. 

Zu Trinken gäbe es nichts, aber man begriffe den Vorgang, fände er denn statt, schon als ein Herausgeben der Milch. Man fühlte sich beschenkt. 

Ein nasser Fleck vor dem Milchglas deutet darauf hin, dass es sich nicht etwa um eine potemkinsche Lösung, also nassen Betrug handelt. Es ist technisch möglich und vorbereitet: das Glas könnte jederzeit fallen.

Statt dessen produziert der geschwätzige Automat zickige Widerrede, fadenscheinige Ausflüchte bis zu schroffer Ablehnung, hässliche Entgegnungen in schmutziger Sprache und Gegenbeleidigungen. 

Eben die Sprache erworben, gilt für den ehemals dienlichen Apparat die faule Umkehrung: Reden statt Handeln. 

Die Sache steht (so gerade noch) auf der Ebene des Werkzeugs, das wohl immer noch funktionieren kann, aber doch schon die Funktion meidet - ohne offensiv kaputt zu sein. Sie ist auf dem Weg zum Feind vielleicht, oder zumindest zum renitenten Ignoranten unliebsamer Funktionsaufrufe. 

Um gegen die menschliche Anrede zu bestehen, bedient sie sich im Falle der Amme effektiver Taktiken der Kommunikation bei niederem Kompetenzlevel: Ignoranz in allen Varianten, Grössenwahn, ein generell sehr, sehr unbefangenes Verhältnis zur Wahrheit, ständiges Berufen auf Autoritäten, Totschlägerurteile und absolute Definitionen, permanentes nervöses Misstrauen und Reizbarkeit samt unverhohlener Aggressivität - sie gibt sich zickig und bigott, warnt vor (angeblich) unkalkulierbaren ungeheuren Konsequenzen vorschnellen Tuns und zerbröselt alles Unliebsame in die vage Aussicht auf ein möglichst fernes Später. 

- Bis auf die wenigen Ausnahmen, auf die das Publikum spekuliert, das sich bis dahin vorläufig und oft über Stunden im Gespräch mit der Amme verfängt. 

Das Publikum zeigt sich vital deprimiert.
 

Zusätzlich in der Ausstellung:
Horizont Itsabouts (Bildtafeln aus dem gestischen und thematischen Umfeld der Amme), AmmenCode, Beweistücher, Asservaten.



Die Ausstellung im Oktogon ist Auftakt eines viermonatigen Workshops zum Thema "Affairen mit Apparaten" in der Medienklasse der HfBK Dresden.
> www.projektklasse.de