Das heutige Türkisch zwischen Planung und Chaos

Argumente für eine neue Sprachkritik 1

von Tevfik Turan, Hamburg

(Vorab-Veröffentlichung)

Die Sprachplanung hat in der Türkei eine Geschichte, die bis in die Zeit der Tanzimat-Reformen zurückgeht. Sie ist das Produkt eines Bedürfnisses nach mehr Kommunikation in der Gesellschaft, nach der Überwindung der krassen Diglossie der osmanischen Gelehrten- und der Volkssprache. Die Reflexion über diese Diglossie und deren Überwindung, die wir kurz Sprachkritik nennen können, ist anfangs zwar rein pädagogisch motiviert. Denn es müssen dringend Fachbücher aus den europäischen Sprachen übersetzt und Fachkräfte ausgebildet werden. Doch bald bekommt sie den für die Sprachplanung typischen nationalen Charakter, und das geschieht schon zu einer Zeit, in der die Begriffe Nation und Nationalismus für die Reformisten noch Fremdwörter sind.

Die Planung der türkischen Sprache hat die osmanische Reformbewegung und die Gründung der Republik begleitet; sie wurde einmal im Sinne einer radikalen Purifizierung, einmal in restaurativer Absicht offiziell geführt, wurde in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert und auch inoffiziell von Schriftstellern und Journalisten, Lehrern und Schülern, Politikern und nicht zuletzt Werbefachleuten vor allem in der puristischen Richtung vorangetrieben.

Die Sprache ist heute kein Politikum mehr, wie sie es in den 1960er und 70er Jahren besonders stark war. In einer noch nie dagewesenen Eintracht beschreibt die Sprachkritik heute den Zustand des Türkischen als "Chaos"2. Wenn sich die prominenten Sprachwissenschaftler und Kulturschaffenden der Türkei so wenig mit der Entwicklung der Sprache identifizieren können, daß ein umfassendes Klagen über "dil kargaşası", "dil kirlenmesi" usw. zu hören ist, drängt sich die Frage auf: Sollten die anderthalb Jahrhunderte alten Planungsbemühungen nun sogar eine neue Diglossie herbeigeführt haben, oder zumindest nicht in der Lage gewesen sein, diese zu verhindern?

Da die Sprachkritik die geistige Grundlage bildet, auf der die offizielle wie inoffizielle Sprachplanung stattfindet - in reformerischer wie in konservativer Richtung -, verdient sie eine nähere Untersuchung. Ihre bis in die Tanzimat-Zeit zurückreichende Geschichte ist den Anwesenden hier hinreichend bekannt. Ohne sie jetzt wieder aufzurollen, möchte ich auf eine interessante Wende hinweisen, die sich in den 1980er Jahren vollzogen hat. Es handelt sich um eine Wende der Sprachkritik in dreifacher Hinsicht:

Erstens geht es darin zwar nach wie vor um die Reinheit der Sprache, doch die Kritiker sind jetzt in die Defensive gegangen. Ihr Anliegen ist nicht mehr so sehr, die in der "vorkritischen" Zeit entstandene Überfremdung durch mehr oder weniger radikale Purifizierungsmaßnahmen rückgängig zu machen, sondern eher einen neuen Schub von Entlehnungen - diesmal vor allem aus dem Englischen - abzuwehren. Die Ausmerzung arabischer, persischer und französischer Wörter und Bildungen scheint demnach einen weitgehenden Erfolg erzielt haben, so daß man jetzt die neueren Eindringlinge wie "dansing, topless, bungee-jumping, casting, royalty, patchwork, Euro"3 usw. angeht.

Zweitens hat sich der Adressat der Korrekturen erheblich verschoben. Während die Sprachkritik früher hauptsächlich unter namhaften Literaten und anderen Kulturschaffenden abspielte, nimmt sie heute immer mehr den anonymen Benutzer der Sprache aufs Korn. Ich möchte diesen Punkt mit drei Beispielen illustrieren, um dann zum dritten Merkmal der neuen Sprachkritik überzugehen:

1. Die Literaturwissenschaftlerin Füsun Akatlı sieht die türkische Sprache vor einer akuten Gefahr der Verstummung und schreibt in einem ihrer kulturkritischen Essays:

Günlük gazeteleri okumak, özeliyle resmisiyle televizyon kanallarındaki haberleri, "talk show" denen söyleşi programlarını, sunucuları, ekran konuklarını izlemek yeter Türkçenin dillerde gittikçe yoksullaştığına, kimi zaman açıkça katledildiğine tanık olmak için.4

2. Für Selahattin Duman, der in der überregionalen Tageszeitung Sabah satirische Kolumnen schreibt, ist die Sprachlosigkeit der Gesellschaft längst eingetreten:

Bu millet üçyüz beşyüz kelime ile konuşmaya alışmış.. Duygulandığında yahut ifade zorluğu çektiğinde bazı sesler çıkarır.. Böylece kelime haznesindeki eksiklerden doğan güçlükleri telafi eder..

Örneğin güzel bir kadınla karşılaşıldığı zama ona iltifat etmek için uzun uzun konuşmaya, terkipler tamlamalar kullanmaya gerek duymaz.. Çoğunlukla "Ofuşşş.." türünden bir sayha çıkarır. ... Milletimiz fazla kelime bilmediği için yeni öğrendiği yabancı kelimelere karşı biraz düşkünlük göstermektedir..5

3. Die Zeitschrift Türk Dili zitiert aus der regionalen Zeitschrift Oba:

Dil kirliliği Bolvadin'imize de sıçradı. Artık İngilizce, Fransızca düzenlenmiş iş yeri isimleri tabelâlarda arz-ı endam ediyor ... "Durak Alaca", "Durak Hükûmet" gibi isimlendirmelerin ardından "Apartman Huzur" gibi isimlendirmeler geldi. ... Derken şimdilerde de "züppe tabelâlar" türedi. "Cafe Simbat", "Cafe Best Clup", "Show Rom" vb. ... Ülkemiz - Allah korusun - yabancılar tarafından işgal görseydi bize bunları yaptırmazlardı. Bu ne gaflettir, bu ne delâlettir, bu ne ihanettir6.

Gemeinsam ist diesen drei unterschiedlich anspruchsvollen Kritiken zum einen der Umstand, daß der Gegenstand der Kritik nicht mehr die Sprache der schreibenden Eliten ist, sondern die Sprache der Normalverbraucher. Gemeinsam ist ihnen aber auch, zum zweiten, die Haltung zur Sprache, nämlich anzunehmen, daß Fremdes der Sprache schädlich sei und bekämpft werden müsse, und damit bin ich beim dritten Merkmal der Sprachkritik der 90er Jahre. Diese Kritik besteht nicht mehr im Debattieren über das Grundsätzliche, darüber, ob und inwiefern eine Reinigung der Sprache nötig und von Menschenhand machbar sei. Man scheint zu einem Konsens nicht nur darüber gekommen zu sein, daß die Reinigung nottut, sondern auch darüber, daß sie den Weg des uydurmaca gehen muß7. Man könnte die Tendenzen bei der heutigen Sprachkritik, d.h. die Demokratisierung der Diskussion und den Konsens über den Sinn und die Methode der Purifizierung, freilich positiv beurteilen, wenn man an die Sprachkritik keine weiteren Forderungen stellte als die Reinheit der Sprache herzustellen und zu überwachen.

Doch es sind weitere Forderungen grundsätzlicher wie pragmatischer Art zu stellen. Purifizierung, dieses wichtigste Resultat der bisherigen Sprachkritik, ist im Grunde nur ein Bereich innerhalb der Sprachpflege überhaupt. Zwar handelt es sich auch beim Begriff "Sprachpflege" hierzulande um einen historisch belasteten Begriff, doch er eignet sich dazu, soziolinguistisch gewendet und im Hinblick auf pragmatische Bedürfnisse dienstbar gemacht zu werden. Und diese Bedürfnisse existieren heute in der Türkei sehr wohl z.B. im Bereich der Fachterminologien, der Orthographie, Lexikographie, Sprachdidaktik, Übersetzerausbildung, des muttersprachlichen Unterrichts und des Bilingualismus.

Um diesen Aufgaben gerecht zu werden, braucht die linguistisch fundierte und pragmatisch orientierte Sprachpflege eine Reflexionsgrundlage, d.h. eine Sprachkritik. In dieser erwünschten Sprachkritik könnten wir folgende zwei Aspekte unterscheiden:

1. einen linguistisch betonten Aspekt, also "Kritik an erstarrten und möglicherweise unbegründet oder unberechtigt gesetzten Normen, die dem tatsächlichen Sprachgebrauch nicht (mehr) entsprechen und ihn behindern und u.U. zu Kommunikationsstörungen bzw. Normenkonflikten führen könnten"8;

und 2. einen ideologiekritischen Aspekt, der den öffentlichen Sprachgebrauch, d.h. die Sprache der Politik, der Behörden, der Medien und der Wissenschaft kritisch beleuchtet, dort Manipulationen aufdeckt und dadurch für Sensibilisierung in der Öffentlichkeit sorgt.

Genau diese beiden Aspekte hat die türkische Sprachkritik bisher versäumt. Deshalb muß die Sprachkritik in der Türkei vor allem eine Metakritik werden und die bisherige Praxis der Sprachpflege unter die Lupe nehmen.

Diese Auseinandersetzung kann nur stattfinden, wenn die Reflexion über die Sprache in der Öffentlichkeit in sachliche Bahnen gelenkt wird. Ein Blick auf die Lage der Sprache der Nation zeigt, daß ein immenser Aufklärungsbedarf besteht. Immer noch vorherrschend ist z.B. die romantische Vorstellung, die Sprache sei ein Organismus. In der Vergangenheit war diese Vorstellung mit der Funktion versehen, die Seele der türkischen Nation zu sein. Da Nationen im Zuge ihres Bildungsprozesses dazu neigen, die Hygiene in den Vordergrund zu stellen, verband man auch im Falle des Türkischen sehr schnell alles Fremde mit der Vorstellung des Unreinen und Schädlichen. So verbreitete sich die Ansicht, es habe früher, vor der Islamisierung, ein reines, d.h. von Fremdelementen freies, Türkisch gegeben, das nun zurückzuerlangen gälte.

Da heute dieses Vorurteil immer noch das Klima in der Sprachpflege bestimmt, ist von einer erwünschten Sprachkritik zu erwarten, das historisch falsche Bild vom reinen Türkisch zu korrigieren. Die diachronisch gewonnenen Begriffe "öztürkçe - yabancı" sind nicht geeignet, die Sprache auf der synchronischen Ebene angemessen zu beschreiben. Nur ein Ansatz, der von Ressentiments gegen yabancı kelimeler - und damit werden ja in unserem Fall nicht nur die Fremd- sondern auch die Lehnwörter gemeint - befreit ist, nur ein solcher Ansatz kann den heutigen Stand der türkischen Sprache erfassen, darin die Entwicklungstendenzen aufspüren und kann im Sinne einer pragmatischen Sprachpflege auf die Sprache einwirken.

Zum Diskurs über das Türkische gehören heute Begriffe wie "Türk dilinin lehçeleri", darunter "Özbek lehçesi", "Azeri Türkçesi" usw., während das eigene Idiom nie als "lehçe" und nie als "Türkiye Türkçesi" bezeichnet wird, sondern als "Türkçe" schlechthin9. Sprachkritik muß hier elementare Aufklärungsarbeit leisten und klarstellen, was Dialekt und was Sprache ist, und nicht zuletzt aufzeigen, welche ideologische Verstrickung der besagten schiefen Verwendung zugrundeliegt10. Damit wären wir mitten im ideologiekritischen Aspekt der Sprachkritik.

Es ist von ihr auch zu erwarten, den Stellenwert des Türkischen innerhalb der Türkei zu überdenken. Daß die Türkei als ein zentralistischer Nationalstaat aufgebaut ist, und ihre Nationalsprache in der Verfassung als Türkisch festgeschrieben steht, sind Tatsachen, die eine Diskussion über die Behandlung der Sprachen der Minderheiten nicht unterbinden dürfen, sondern gerade auf den Plan rufen sollten. In der Vergangenheit führte die Tabuisierung der Stellung des Türkischen z.B. zu der antigriechischen und antiarmenischen Kampagne Vatandaş Türkçe konuş und später zum Verbot des Kurdischen in geschriebener wie gesprochener Form. Die Sprachkritik hat in beiden Fällen versäumt, Stellung zu beziehen; ja sie hat sogar eine pervertierte Sprachwissenschaft toleriert, dieses Etwas, dem wir z.B. die Einordnung des Kurdischen als "degenerierter Dialekt der Bergtürken" und die onomatopoetische Erklärung des Wortes "Kürt" zu verdanken haben11. Heute darf die Separatismusdebatte nicht von der großen Chancenungleichheit ablenken, die die kurdischen Kinder erfahren, die Jahr für Jahr zu Zehntausenden eingeschult werden. Fälle geglückten Bilingualismus gibt es an vielen Orten der Welt, doch dies im eigenen Land anzuregen, kann nur Aufgabe einer Sprachkritik sein, deren Horizont über die empirische Arbeit der Linguisten hinausreicht.

Die Hierarchisierung der Sprache stellt nicht nur das Türkische und die Minderheitssprachen als unversöhnliche Gegner einander gegenüber, sondern sie schafft auch innerhalb des Türkischen linguistisch haltlose und demokratisch unhaltbare Gegensätze. Schon geringe phonetische Abweichungen vom Standard, vom sog. "güzel Türkçe" werden mit dem vernichtenden Urteil "Daha Türkçesini bile düzeltememiş"12 bestraft, also: "Was kann man von dem überhaupt noch erwarten?". Dialektale Färbung gilt nicht als eine neutrale Begebenheit des Sprachgebiets, sondern als eine Störung und oft Grund zum Mißtrauen, wenn sie einem white-collar-Professionellen anhaftet. In diesem Sinne wird sie auch von der Werbung eingesetzt: Kein Zahnarzt und kein Versicherungsfachmann spricht dort das anatolisch angehauchte (und oft auch schlecht nachgemachte) Türkisch, mit dem der Fernfahrer einen Reifen oder ein Motoröl preist. Es ist eine Sprachkritik zu fordern, die diese Mechanismen in der öffentlichen Sprachverwendung bewußt macht.

Die ursprünglich nationale bzw. nationalistische Purismusbewegung hätte nicht gerade unter den liberal und humanistisch eingestellten Intellektuellen ihre meisten und wirksamsten Anhänger gefunden - man denke nur an Nurullah Ataç -, wäre sie nicht von anderen, fortschrittlich gemeinten Überlegungen überlagert worden. An der Spitze dieser Überlegungen stand die Notwendigkeit schlüssiger wissenschaftlicher Terminologien, die nur durch Transparenz der Bildungen zu erstellen waren13. Es ist eine bezeichnende Fehlleistung, daß gerade die terminologische Arbeit dabei auf der Strecke blieb, während die Umgangssprache mit Neubildungen traktiert wurde, die genauso wenig transparent waren wie die arabischen Wörter, die sie ablösen sollten.

Sie ist bezeichnend, weil sie eine gewisse realitätsscheue und jakobinische Haltung der öztürkçecilik-Bewegung verrät. Realitätsscheu, weil der Kontakt mit den Benutzern von Fachsprachen nicht systematisch gesucht, ausgebaut und verwertet wurde, sondern dem Zufall überlassen blieb, und jakobinisch, weil das neue Idiom mit allen Mitteln erst durchzusetzen war. Als der Staat seine Mittel dafür nicht mehr einsetzen wollte, mußte auf Freiwillige zurückgegriffen werden14. Und diese fand man paradoxerweise im modernistischen Lager der Gesellschaft, während die dezidierten Nationalisten sich eher an ein traditionell geprägtes Kulturerbe hielten. Ihr Beweggrund kann als ein rhetorischer bezeichnet werden. Die neue literarische Sprache wollte eigentlich gar nicht mehr Verständlichkeit schaffen, sondern eher Distanz, einen Jargon, eine Aura der Fortschrittlichkeit. So gesehen war die Öztürkçecilik ein Versuch, eine neue Diglossie herzustellen15, eine neue Sprache, zu der sich nach und nach die ganze Gesellschaft bekennen sollte.

Die Sprachkritik hat bisher weder über diese Rhetorik reflektiert, noch über das von Ataç am eindrucksvollsten vorgebrachte Argument, begriffliche Transparenz sei notwendig, um in einer Sprache denken zu können, und, da man den Kindern weder weiterhin Arabisch und Persisch unterrichten könne noch plötzlich Griechisch und Latein, müsse man die Transparenz durch türkische - oder turkstämmige - Wortstämme und Endungen schaffen16.

Auch wenn der Purismus heute eine im großen und ganzen verabschiedete Bewegung ist, müssen ihre theoretischen Voraussetzungen geklärt werden, damit die Sprachpflege in Zukunft einen festen Boden unter den Füßen hat. Ebenfalls muß eine Bilanz gezogen werden, die nicht nur den Zugewinn durch neues Wortmaterial berücksichtigt, sondern auch die Verluste. Es sind Fragen zu stellen, z.B. ob die doppelte oder gar dreifache Besetzung eines Begriffs, beispielsweise "milliyetçilik, nasyonalizm, ulusçuluk", mehr Nuancen schafft und erhellt oder eher verschleiert; dann müssen die eventuellen Nuancen beschrieben und in der Lexikographie nicht mehr ignoriert werden.

Für die weitere sprachpflegerische Arbeit ist eine Diskussion über die Machbarkeit der Sprache nötig, darüber, welche Bereiche der Sprache von wem mit welchen Zielen zum Gegenstand einer Sprachplanung gemacht werden sollte. Die sprachkritischen Diskussion muss auf der anderen Seite die Verwendung der Sprache in der Öffentlichkeit thematisieren und auf sprachliche Manipulation aufmerksam machen. Wir hätten schon die Orwellsche "Newspeak" da, wenn niemand etwas dagegen einwandte, militärische Angriffe auf Nachbarländer als "Friedensintervention" zu deklarieren.

Die Liste der Forderungen an die Sprachkritik kann fortgesetzt werden. Es sind keine ästhetizistischen Forderungen, die um der Sprache selbst willen gestellt werden, und keine, die die Instrumentalisierung der Sprache für ein Nationalbewußtsein bezwecken. Sie müssen Forderungen sein, die den kommunikativen Charakter der Sprache ins Zentrum stellen. Sie überschreiten selbstverständlich und mit gutem Recht das Gebiet der Wissenschaft, ohne diese jedoch überflüssig zu machen oder auch nur in Frage zu stellen. Im Gegenteil braucht die Sprachkritik die Sprachtopik als unbedingt notwendige Grundlage. Was braucht diese Kritik ihrerseits, um wirksam zu sein? Das ist die große Frage, die wir uns stellen müssen. Und die Wissenschaft muß sich die Frage stellen, inwiefern sie sich bereits wertend zur Sprache verhält und wie sie sich im 21. Jahrhundert an der Sprachkritik beteiligen will.


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Anmerkungen

1 Prä-Publikation eines Vortrages, der am 17. 3. 1999 bei der "4. Deutschen Turkologen-Konferenz" in Hamburg gehalten wurde. Erscheint im Druck in den Tagungsbeiträgen. (= zurück zum Text)

2"dil kargaşası" [z.B. bei ...]

3 Türk Dili, 8/1998 (560), S. 139f.

4 in Zamansız Yazılar [die letzten 3-4 Aufsätze im Band, zuvor erschienen in Zeitschriften ?]

5 Sabah,

6 Türk Dili, 4/98 (566), S. 383f.

7 vgl. Peyami Safa, Osmanlıca, Türkçe, Uydurmaca [İstanbul, ?]
Wenn die heutige Türk Dil Kurumu in ihrer Hauszeitschrift unter dem Motto Dilimize Sahip Çıkıyoruz türkische Entsprechungen für Fremdwörter vorschlägt, so berichtet darüber auch die links-liberale Tageszeitung Cumhuriyet, während in der heißen Phase der Purifizierung z.B. die konservative Zeitung Son Havadis kein gutes Haar an der Arbeit der alten TDK zu lassen pflegte:

... dilimizi tedrici şekilde sâdeleştirmek, güzelleştirmek ve Türk Milletine bir yorgunluk vermeden onu yabancı köklerden kurtarmak yerine, kasıtlı olarak uydurma kelimeler yaratarak dilimizi anlaşılmaz hale getirenlerin Komünistler ve aşırı solcular olduğunda ısrar ediyorum.

8Lewandowski 1985, 982

9Hengirmen [Türkçe ders kitabının son (?) bölümü]

10Kocaoğlu (1998), selbst usbekischer Herkunft, behandelt dieses Thema immerhin. Verharmlosend:

... Türkiyeli dilciler ile eski Sovyet sisteminde yetişmiş dilciler arasında zaman zaman tatlı tartışmalar ve anlaşmazlıklar çıkıyor ... "Siz bizim dilimizi küçümseyerek lehçe (yani ağız) durumuna düşürüyorsunuz!" diye üzüntülerini dile getiriyorlar.
Tabii ki, burada biraz onların ve biraz da bizim karşılıklı kabahatimiz var.

Er hält am Terminus "Türk dili" fest, schlägt "Türk dilinin kolları" und "yeri gelince de kısaca Türkçe, Azerîce, Tatarca, Uygurca" vor.

11[Bir "Türk Kültürü" yayını, SemBib.]

12[gazeteler, mart 1999?]

13 Die Gegner des Purismus wollten, an der Trennung zwischen der unveränderlichen "Kultur" und veränderlichen "Zivilisation" festhaltend, die Sprachpflege auf die wissenschaftliche Termini beschränkt wissen. Doch das ist eine Unmöglichkeit, wenn man bedenkt, daß eine Fachsprache nur einen Bruchteil ihres Vokabulars ihr eigen nennen kann und den größeren Teil mit anderen Disziplinen und mit der Umgangssprache teilen muß.

14 Hilfreich bei der Sprachreinigung war die mechanistische Auffassung, die besagte, Teile der Sprache seien austauschbar, und wenn die neuen Teile nicht recht paßten, bräuchten sie nur eine gewisse Einfahrzeit. Die neuen Endungen, Wörter und Wendungen sollten erst einmal in der schriftlichen Produktion "eingearbeitet" werden.

15vgl. Orhan Duru [?]. In seinen frühen Kurzgeschichten treibt der Autor das Befremdliche der neuen Sprache auf die Spitze, indem er nicht nur viele öztürkçe-Neologismen, sondern auch in einem die Gesprächsnormen übersteigeneden Maße devrik cümleler verwendet.

16"Bir dilin kelimeleri bir birlerine bağlıdır ... Mektep, mektup, kitap, kâtip ... bunları birlikte öğretemezseniz, birbirleriyle ilişkilerini anlatamazsınız, her birini ayrı ayrı, birbirlerinden büsbütün başka şeyler gibi göstermeğe kalkarsanız hepsi de değerini yitirir, birer birer sönüp gider. Belki bir söz olarak kullan[ıl]ır, ama kafayı doyurmaz, düşüncenin araçları olamaz, böyle soyunu sopunu unutmuş, boyunları bükük dolaşan kelimelerle bir kafa dili kurulamaz. (Ataç, ?, 1945)


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