Zur korrekten Schreibung des Wortes 'dov'

Von Armin Bassarak

Dass das Wort 'dov' im Duden tatsächlich als "doof" notiert ist, beweist leider nicht, dass es so richtig ist. Denn die Schreibung als "doof" ist, wenn Sie mal ein paar Sekunden darüber nachdenken mögen, unlogisch und damit zwangsläufig falsch. Warum?

Schon die Schreibung der deklinierten Form "doofen", die ja in Wirklichkeit nicht mit stimmlosem F, sondern mit stimmhaftem W , also etwa 'dowen' ausgesprochen wird, beweist das. Das Graphem F kann im Deutschen nämlich niemals stimmhaft gesprochen werden, weder im Silbenanlaut noch im Silbenauslaut!

W hingegen wird zwar im Silbenanlaut immer stimmhaft gesprochen, im Silbenauslaut müsste es aber der Auslautverhärtung unterliegen und damit trotzdem stimmlos gesprochen werden. Dafür fällt mir allerdings im Moment kein Beispiel ein. Und das ist sicher kein Zufall. Aber wir haben im Deutschen ja noch das Graphem V, das im Anlaut manchmal stimmlos (wie bei Vater oder Vogel), manchmal auch stimmhaft (bei Fremdwörtern wie Vase oder Viktor) gesprochen wird, im Auslaut hingegen, genau wie auch B, D, G oder S, der normalen Auslautverhärtung unterliegt und dort also immer stimmlos gesprochen wird. Hier ein paar Beispiele für die Auslautverhärtung:

Lob – geprochen Lop, aber sobald ein Vokal folgt wie etwa bei "loben", wird klar, dass man nicht einfach P schreiben kann, weil das scheinbare P in Wirklichkeit nur ein durch die Auslautverhärtung stimmlos gewordenes B darstellt.

Tod – gesprochen Tot wie beim Adjektiv tot, aber sobald ein Vokal folgt wie bei "des Todes", wird auch wieder klar, dass, im Unterschied zu dem Adjektiv, am Ende kein T, sondern ein D stehen muss. (Daran merkt man übrigens auch, dass das Adjektiv "tot" nicht von dem Substantiv "der Tod" abgeleitet sein kann, sondern wohl von dem Verb "töten" abgeleitet sein muss – vielleicht auch umgekehrt.)

Schlag – gesprochen wie "Schlak", aber vokalische Fortsetzungen wie "schlagen" oder "Schläge" zeigen deutlich, dass es sich auch hier nicht um ein K, sondern um ein zugrunde liegendes G handelt, das lediglich durch die Auslautverhärtung stimmlos gesprochen wird.

Gas – gesprochen wie "Gaß" (nicht wie Gass!), also mit langem A. Vokalische Fortsetzungen wie z.B. "des Gases" oder "die Gase" zeigen deutlich, das auch hier kein ß, sondern ein ursprünglich stimmhaftes S zugrunde liegt.

Das Prinzip müsste jetzt eigentlich soweit klar sein.

Und nun endlich zu unserem F/W in dem Wort 'dov': Auch hier haben wir im Deutschen eine Parallele, die klar zeigt, dass die Schreibung mit F nicht nur nicht richtig sein kann, sondern auch gar nicht nötig ist, und das ist das Wort 'brav' !!

Beweis: 'die Braven' (und nicht: *"die Brafen" – der Stern kennzeichnet bei Linguisten eine ungrammatische Form).


Nun werden Sie sich sicher fragen: Warum steht es dann falsch im Duden, wenn es in Wirklichkeit 'dov' geschrieben werden müsste? Eine berechtigte Frage! Ich beantworte sie Ihnen:

Viele Menschen in Deutschland glauben (und wahrscheinlich haben auch Sie das bisher geglaubt), der Duden wäre ein normatives (präskriptives) Wörterbuch. Die Wahrheit ist aber die, dass wir in Deutschland kein wirklich normatives Wörterbuch haben (im Unterschied z.B. zum französischen Wörterbuch der Académie Française, das von vorneherein als präskriptives, also normatives Wörterbuch angelegt ist). Der Duden versteht sich selbst nur als deskriptives, also beschreibendes Wörterbuch, und so ist auch die Arbeitsweise der Dudenredaktion, die ich gut kenne, angelegt. D.h. die Kollegen verzeichnen Belege, die sie irgendwo gefunden haben, z.B. in Presseartikeln, und nehmen sie dann erst in ihre Belegsammlung und danach auch in ihr Wörterbuchmanuskript auf. Wie also ist die falsche Schreibung "doof" in den Duden gekommen?

Ganz einfach: Irgendwelche doven Jungen haben Sätze wie z.B. "Susi ist doof" riesig groß mit Kreide an irgendwelche Hauswände geschmiert. Aus Berlin kenne ich das sehr gut aus der Zeit meiner Kindheit, als es in den Straßen noch viele Ruinen gab. Natürlich haben die doven Jungs nicht darüber nachgedacht, dass und warum die Schreibung mit F am Ende nicht richtig sein kann, sie haben das, ohne nachzudenken, einfach so hingeschrieben, wie sie es gesprochen haben (denn gelesen haben konnten sie es noch nirgends). Sicher hätten sie auch so etwas wie Lop, Tot, Schlak oder Gaß geschrieben, obwohl sie diese Worte irgendwo schon richtig hätten gelesen haben können.

Nun war ein umgangssprachliches Wort wie 'dov' in der gehobenen Schriftsprache viele Jahre tabu, es wurde einfach nicht gedruckt. Irgendwann aber hat doch mal ein Journalist, der den Anblick dieser Schreibung von Mauern kannte, es dennoch verwendet (manche Journalisten sind ja bekannt dafür, dass sie oft nicht nachdenken, obwohl sie eigentlich nachdenken sollten), und der Redakteur hat es so durchgehen lassen, weil auch er diese falsche Schreibung von Hauswänden kannte. Natürlich hat in der Dudenredaktion das sofort jemand gesehen und es ausgeschnitten und auf eine Karteikarte geklebt (Computer kamen erst später). Nun war es nur noch eine Frage der Zeit, bis dieser "Beleg" einen Platz im Manuspkript des Wörterbuches finden musste.

Schade eigentlich, dass Wigald Boning, den ich keinesfalls für einen dummen Jungen, sondern für einen sehr intelligenten Kenner des Deutschen halte, sich seinerzeit nicht getraut hat, bei der Bezeichnung seines damaligen Duos "Die Doofen" gegen die falsche Dudenschreibung dieses Wortes zu rebellieren. Richtig aussprechen konnte er diese Pluralform jedenfalls.


Übrigens: Ob man 'dov' nun mit einem O oder mit Doppel-O schreiben soll, ist hier nicht mein Streitpunkt. Ich denke, dass es, analog zu 'brav', völlig ausreichen müsste, es mit einem O zu schreiben, aber im Unterschied zu der Schreibung mit F, die aus logischen Gründen einfach falsch ist, würde ich mich in der Frage von O oder doch OO nicht auf einen Streit einlassen wollen. Wir wissen ja, dass die Länge einfach geschriebener Vokale durch den konsonantischen Kontext angezeigt wird: Folgt ein Doppelkonsonant, wird der Vokal kurz gesprochen, folgt nur ein Konsonant, kann der Vokal durchaus auch lang sein, und zwar unabhängig davon, ob der nachfolgende Konsonant stimmhaft oder stimmlos ist! Auch hierfür gibt es ausreichend Beispiele:

        Tobi– Hobby(Tobi als Abkürzung für den Eigennamen Tobias)
 NadelNaddel (= Kurzname für Nadja Abd-el Faraq)
 HaferHaff 
 RogenRoggen  
 MaßeMasse
 Nasenasse(Adjektiv, z.B. in "nasse Fahrbahn")
 RateRatte
 usw.

Wenn eindeutig gemacht werden soll, dass der Vokal lang ist, gibt es drei Möglichkeiten: Verdopplung (z.B. in "Boot"), Dehnungs-h ("kahl") oder beim I die Dehnung durch IE ("Sieb"). Aber die Beispiele Tobi, Nadel usw. mit nachfolgendem Einfachkonsonanten zeigen, dass die Vokallänge nicht zwangsläufig in der Schreibung angezeigt werden muss. Also könnte 'dov' durchaus auch mit einem O auskommen, ohne gleich wie *doff ausgesprochen zu werden.

Das alles sind natürlich Überlegungen, die dummen Jungs, die Hauswände beschmieren, niemals in den Sinn gekommen wären, und den Journalisten, die sie bedenkenlos abgeschrieben haben, leider auch nicht. Die Dudenredakteure hätten diesen Fehler, wenn sie wirklich präspriktiv arbeiten würden, eigentlich bemerken und korrigieren müssen, aber da sie nur eine rein deskriptive Denkweise haben, konnte es ihnen gar nicht in den Sinn kommen, hier korrigierend einzugreifen. Im Gegenteil, die korrekte Schreibung hätten sie ja erst verwenden, also abdrucken dürfen, nachdem sie einen Beleg dafür gefunden hätten! Darauf hätten sie aber noch ziemlich viele Jahre warten müssen, denn jemand, der begriffen hat, wie 'dov' richtig geschrieben werden muss, zählt nicht zu den Leuten, die Hauswände beschmieren.


Solange niemand die korrekte Schreibung 'dov' (oder von mir aus gerne auch 'doov') verwendet, wird die arme Dudenredaktion übrigens nie einen Beleg dafür finden und dieses Wort auch nie korrekt eintragen können. Deshalb möchte ich Sie, liebe Leser, ermutigen, falls Sie das in der gehobenen Schriftsprache eigentlich immer noch verpönte Wort 'dov' unbedingt doch mal irgendwo schriftlich verwenden wollen, es dann wenigstens logisch richtig zu schreiben. (Zumindest einen zitierbaren Beleg für die korrekte Schreibung gibt es nun endlich doch – nämlich diesen Artikel!)


© Armin Bassarak 2011
(mit freundlichem Gruß an die Kollegen der Duden-Redaktion)

 


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